Berlin – Es wirkt, als wolle er ein kleines Zeichen der Normalität in diesen unnormalen Zeiten setzen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ist zwar nicht der erste hochrangige deutsche Politiker, der seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas am 7. Oktober nach Israel kommt. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war schon da, Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sogar bereits dreimal. Doch anders als diese betreibt Steinmeier keine Krisendiplomatie, kommt nicht morgens angerauscht und fliegt abends wieder weg, sondern bleibt über Nacht und hängt noch einen zweiten Tag dran. Schaut fast aus wie ein üblicher offizieller Besuch, zumal ihn seine Frau Elke Büdenbender begleitet.
Viele Umstände zeigen jedoch, dass es alles andere als eine normale Reise wird. Das detaillierte Reiseprogramm ist noch geheim, Sicherheitsgründe. Dafür hat Steinmeier die Beweggründe seiner Reise inmitten des Gaza-Krieges knapp 24 Stunden vor dem Abflug in einer Videobotschaft erläutert, was er sonst nie tut. Und ungewöhnlich ist auch, dass die Nummer 1 im Staat mit der Nummer 2 – Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) – nach Israel kommt.
Steinmeier wird dann am Dienstag in Oman mit Sultan Haitham bin Tarik und am Mittwoch in Katar mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani über den neuen Nahost-Konflikt und den Ausweg daraus beraten. Katar hat enge Kontakte zur Hamas und nimmt eine wichtige Vermittlerrolle ein, etwa bei der Freilassung der nach Gaza verschleppten Geiseln. Er wolle in Katar darüber sprechen, wie der Verhandlungsweg jetzt weitergehen könne, sagte Steinmeier in seinem Video. „Der Weg zur Beendigung des Kampfes wird und kann nur über die Freilassung der Geiseln führen. Aller Geiseln!“
Dies ist eine Botschaft, mit der er nach Nahost reist. Eine andere: Israel habe natürlich ein Selbstverteidigungsrecht gegen die Hamas, aber auch in diesem Krieg seien humanitäre Regeln einzuhalten. „Niemand kann Israel verwehren, den Terror entschieden zu bekämpfen“, sagt Steinmeier. Der Kampf bringe aber auch großes Leid unter unbewaffnete Zivilisten. „Jede Vorkehrung, Zivilisten aus der Schusslinie zu bekommen, ist notwendig. Hinzu kommt die Versorgung mit dem Lebenswichtigsten.“
So will Steinmeier darüber sprechen, wie während Feuerpausen Menschen aus den Gefahrenzonen heraus- und Hilfsgüter hineingelangen könnten. Deutschland stehe bereit, um bei der Evakuierung von Kranken und Kindern zu helfen. U. STEINKOHL