München – Die Rückkehr in die 2. Liga: Für den TSV 1860 München, bei dem gerade wieder mächtig Feuer unterm Dach ist, dürfte das auch in dieser Saison ein Traum bleiben. Seit bald fünfeinhalb Jahren ist die 3. Liga ihre Heimat. Ein – noch vor der Trainerentlassung geführtes – Gespräch mit Löwen-Präsident Robert Reisinger über die Attraktivität eines Aufstiegs.
Herr Reisinger: Hat sich der Verein mit der neuen sportlichen „Heimat“ arrangiert oder richten sich weiter sehnsuchtsvolle Blicke in Richtung der boomenden 2. Bundesliga?
Natürlich richtet der TSV 1860 sein Augenmerk auf eine Rückkehr in die 2. Liga. Das muss das sportliche Ziel in Giesing sein. Allerdings hegen diesen Wunsch mehr als die Hälfte der anderen Clubs in der 3. Liga auch. Darunter namhafte Traditionsvereine, die unserer Geschichte nur wenig nachstehen.
Was macht den Reiz dieser zweiten Liga aus? Die Zuschauerzahlen schießen ja förmlich nach oben!
In der 2. und 3. Liga ist der Wettbewerb für die Zuschauer mittlerweile reizvoller als in der Bundesliga. Die wirtschaftlichen Verhältnisse sind noch nicht so stark zementiert. Das ermöglicht sportliche Überraschungen und engere Spiele. Dazu sind inzwischen etliche Großvereine in der 2. Liga vertreten, die früher über Jahrzehnte typische Kinder der Bundesliga waren. Das sorgt zusätzlich für Attraktivität.
Aus der Ferne betrachtet: Was hat sich in der 2. Liga getan, seit 1860 nicht mehr dabei ist?
In den vergangenen sieben Jahren sind die Umsätze in der 2. Liga gestiegen und das Zuschaueraufkommen ist deutlich größer geworden. Hertha, HSV, Schalke sind natürlich Clubs mit großer Strahlkraft für die Spielklasse.
Es fällt auf, dass sich die Drittliga-Aufsteiger immer schwerer tun, in der 2. Liga Fuß zu fassen. Kaiserslautern ist eine Ausnahme, Vereine wie Würzburg sind dagegen postwendend wieder abgestiegen. Ist die 2. Liga der 3. Liga leistungsmäßig enteilt?
Wehen Wiesbaden spielt heuer als Neuling sportlich eine gute Rolle. Osnabrück tut sich schwer. Letzte Saison haben die Aufsteiger Braunschweig und Kaiserslautern die Klasse gehalten. Wirtschaftlich stärkere Clubs sind tendenziell sportlich erfolgreicher. Das ist nun mal so. Kleinere Standorte in wirtschaftsschwächeren Regionen haben mehr Probleme mit der dauerhaften Finanzierung des Profifußballs. Beim TSV 1860 München sollte das aber möglich sein.
Welche Vorteile würde ein Aufstieg den Löwen bringen – wirtschaftlich, strukturell, vom Image her?
Als Zweitligist genießt ein Club eine höhere Reputation. Wirtschaftlich steigt der Umsatz in der 2. Liga – dafür ist aber auch die Kostenstruktur eine andere. Mit einem Aufstieg enthebt man sich aber nicht aller Probleme. Im Wirtschaftsreport der DFL ist leicht festzustellen, dass in der 2. Liga bei vielen Teilnehmern regelmäßig die Ausgaben die Erlöse übersteigen. Größter Einzelposten sind dabei die Gehälter der Spieler. Infrastrukturell brächte ein Aufstieg natürlich Verbesserungen mit sich, weil die Anforderungen der DFL an den Spielort und weitere Einrichtungen höhere sind.
Wäre 1860 im Grünwalder Stadion überhaupt in der Lage, dauerhaft 2. Liga zu spielen?
Ja – ein entsprechender Umbau zu einem vollüberdachten Stadion mit zeitgemäßem Medien-, Business- und Sponsorenbereich vorausgesetzt. Ohne geeignete Stadioninfrastruktur ist eine dauerhafte Zugehörigkeit zur 2. Liga nicht finanzierbar.
Es wird immer wieder das Gerücht gestreut, die e.V.-Vertreter beim TSV 1860 würden gar keinen Aufstieg anstreben. Was sagt dazu der Präsident?
Die Annahme, Vereinsvertreter würden keinen Aufstieg anstreben, ist natürlich blanker Unsinn. Das weiß aber auch jeder, der sich damit wirklich beschäftigt.
Was zur abschließenden Frage führt: Braucht die 2. Liga 1860 überhaupt?
Oben gibt es reichlich Traditionsclubs, in der 3. Liga dafür würde ein Zuschauermagnet wie 1860 fehlen … Die Löwen sind für jede Liga eine Bereicherung. So wie sich der Profifußball in Deutschland in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat, wird es immer öfter auch mitglieder- und zuschauerstarke Clubs mit großer Tradition geben, deren Weg vorübergehend in die 3. Liga führt. Das ist nicht zu vermeiden. Wir richten beim TSV 1860 München alle Bemühungen darauf aus, aufzusteigen und wollen sportlich immer so hoch wie nur irgend möglich spielen. Allerdings ohne dabei unsere Existenz aufs Spiel zu setzen – wie es 2016/2017 passiert ist.
Interview: Uli Kellner