München – Die fortschreitende Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) prägt Bayerns Arbeitswelt. „Bayern befindet sich in Sachen KI in einer guten Ausgangsposition“, sagt Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw). Laut einer Analyse der Dachorganisation gibt es 370 KI-Patente im Freistaat. Die Hightech Agenda Bayern, mit 100 neuen KI-Professuren und der geplanten KI-Universität in Nürnberg, stärke die internationale Wettbewerbsposition.
Trotzdem dominieren aktuell noch amerikanische und asiatische Anbieter im KI-Geschäft. Die Herausforderung liege darin, so Brossardt, Forschungsergebnisse zügig in weltweit erfolgreiche Innovationen zu überführen. „Nur so können wir die Potenziale von KI voll ausschöpfen“, erklärt er. Die Implementierung von KI verspreche dann nicht nur Effizienzgewinne, sondern auch neue Arbeitsplätze.
Eine Studie des Instituts für angewandte Arbeitswissenschaft (ifaa) sieht im Einsatz von KI ebenso eine Chance im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Für die Studie hat das ifaa 459 Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe gefragt: Wo stehen wir bei der neuen Technik? KI zeigt sich in der Industrie besonders in spezifischen Aufgaben und Funktionen, wobei sie sich wiederholende (repetitive) Tätigkeiten und die Auswertung von Daten automatisiert. Derzeit ist KI keine Superintelligenz und besitzt nicht die Fähigkeit, den Menschen vollständig zu ersetzen. Vielmehr agiert sie in klar definierten Bereichen.
Die Studie zeigt, dass die Mehrheit der Befragten glaubt, dass KI die Arbeitsprozesse verbessern kann. Mehr als 50 Prozent sind der Meinung, dass ihre Arbeitsplätze durch den Einsatz von KI aufgewertet werden können, da sie sich dank der Technik auf interessantere Aufgaben konzentrieren können. Besonders im Wissensmanagement eröffnen sich demnach Potenziale. In vielen Unternehmen steht eine große Anzahl erfahrener Mitarbeiter vor dem Ruhestand. Das ifaa-Projekt „KI_eeper – Know how to keep“ entwickelt digitale KI-gestützte Assistenzsysteme, um das Erfahrungswissen dieser älteren Mitarbeiter über Fertigungs- und Montageprozesse an die nachfolgende Generation weiterzugeben.
Vor allem größere Unternehmen setzen verstärkt auf KI. Über 50 Prozent der Befragten in Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten geben an, dass KI bereits im Einsatz ist. Weitere 38 Prozent planen den Einsatz in absehbarer Zeit. Im Gegensatz dazu haben 65 Prozent der Kleinstunternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten bislang keinen konkreten Plan für den Einsatz von KI.
Unternehmen, die KI nutzen oder planen, setzen diese vor allem in der Fertigung (56 Prozent), Logistik & Lager (34) und Montage (26) ein. Überraschenderweise nutzen nur knapp vier Prozent KI in der Unternehmensführung. Andere Funktionsbereiche wie Beschaffung und Einkauf, Qualitätsmanagement oder Personalwirtschaft liegen in der Häufigkeit der KI-Anwendung dazwischen.
Die Diskussion über die Folgen von KI in Industrie und Arbeitswelt ist vielschichtig. Die Studienautoren heben hervor, dass historisch betrachtet der Mensch stets neue Aufgaben gefunden hat mit dem Einzug von Technologien wie Computern, Automatisierung oder Robotik. Eine ähnliche Entwicklung wird auch mit dem Einsatz von KI erwartet. In Bezug auf die Regulierung von KI werden ethische Bedenken hervorgehoben. Besonders in sensiblen Bereichen wie KI-Analysen beim Online-Shopping, Entscheidungen über Versicherungen und Kreditvergabe sowie autonomem Fahren könnte eine Standardisierung sinnvoll sein.
Die Studie zeigt, dass die Mehrheit der Befragten die menschliche Aufsicht und Kontrolle weiterhin als wesentliche Vertrauensfaktoren ansieht. Die Zuverlässigkeit von KI-Systemen und der Schutz von personenbezogenen Daten werden ebenso als kritisch erachtet. Gemäß der Studie bleiben die Auswirkungen von KI auf die Arbeit moderat. Insgesamt geht das ifaa davon aus, dass KI eine transformative Kraft in der Industrie wird. Die gezielte Integration, ethische Überlegungen und eine sorgfältige Regulierung sind entscheidend, um die Chancen zu nutzen und gleichzeitig die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen.
Die Vorsitzende der IG Metall, Christiane Benner, sieht eine große Herausforderung in der Beteiligung der Gewerkschaften und Betriebsräte bei der Einführung von KI. Künstliche Intelligenz solle für die Arbeitenden Unterstützung bieten, deshalb bedürfe es frühzeitig der Beteiligung von Betriebsräten und Gewerkschaften zur Einführung und Umsetzung. Zu hoffen ist, dass alle diese Herausforderungen gemeistert werden. Denn „Künstliche Intelligenz (KI) ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit enormen Wachstumspotenzialen für unsere Arbeitswelt“, so Bertram Brossardt. FRANK MEIK