„Nur flächendeckender Ausbau kann für wettbewerbsfähige Preise sorgen“

von Redaktion

INTERVIEW: Wacker-Chemie-Werkleiter Peter von Zumbusch über die Bedeutung des Windparks für den Industriestandort Bayern

Der Windpark Altötting soll helfen, das bayerische Chemiedreieck mit seinen 20 000 Arbeitsplätzen fit für die Zukunft zu machen. Besonders wichtig ist der grüne Strom für den Polysilizium-Weltmarktführer Wacker-Chemie. Werkleiter Peter von Zumbusch erklärt, welche Bedeutung der Windpark für die Industrie hat.

Herr von Zumbusch, viele Mehringer haben gegen den Windpark in Altötting gestimmt, jetzt wollen die Windkraftgegner in den Nachbargemeinden weitermachen. Ist das Projekt gescheitert?

Aus Sicht der Industrie ist der Ausgang des Bürgerentscheids eine herbe Enttäuschung. Als gescheitert betrachten wir das Projekt Windpark Altötting dennoch nicht, vielmehr hoffen wir weiterhin auf eine zügige Umsetzung.

Welche Bedeutung hat der Windpark für das Chemiedreieck?

Angesichts des menschengemachten Klimawandels muss die chemische Industrie klimaneutral werden. Das ist ein gewaltiger Kraftakt und setzt vor allem eine deutlich stärkere Elektrifizierung voraus. Es gilt zum einen, auf fossilen Quellen basierende Rohstoffe umzustellen, beispielsweise, indem wir bislang rohöhlbasiertes Ethylen künftig über Reaktionen von grünem Wasserstoff mit Kohlenstoffdioxid gewinnen. Das ist ein ökologisch nachhaltiger, aber auch stromintensiver Weg. Zum anderen müssen wir bei der Energiegewinnung selbst umstellen, etwa bei der Erzeugung unseres unabdingbaren Prozessdampfs. Dieser kommt bislang, sofern er nicht aus Abwärmeströmen stammt, aus unserer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage und wird mithilfe von Erdgas erzeugt. Künftig sollen Wärmepumpen das Gaskraftwerk obsolet machen. Doch auch Wärmepumpen benötigen Strom – grünen Strom wohlgemerkt, schließlich wollen wir klimaneutral werden. Wir brauchen also einen Ausbau der Erneuerbaren Energien – und in Bayern insbesondere der Windenergie.

Bayerischer Windstrom ist teurer als der norddeutsche, weshalb warten Sie nicht auf die Stromautobahnen zur Küste?

Angesichts des stetig wachsenden Strombedarfs und extrem hoher Stromkosten kann nur ein flächendeckender und größtmöglicher Ausbau des Angebots für ein Absinken der Preise auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau sorgen. Wir müssen alles nutzen, was uns zur Verfügung steht. Dazu zählt auch ein Ausbau der Windkraft im Süden der Bundesrepublik. Das dient insbesondere auch der Versorgungssicherheit. Herrscht beispielsweise im Norden Flaute, muss das nicht zwingend auch für den Süden gelten. Hinzu kommt, dass bei einer Erzeugung direkt vor Ort das Risiko von Netzstörungen minimiert wird, weil der Strom eben nicht erst über hunderte Kilometer herangeführt werden muss.

Was würde ein Scheitern des Projekts für die Zukunft des Chemiedreiecks bedeuten?

Für das Chemiedreieck ist die ausreichende Versorgung mit Energie zu international wettbewerbsfähigen Preisen essenziell. Künftig wird es dabei immer mehr um Energien aus nachhaltigen Quellen gehen. Ein einzelnes Projekt wie der Windpark Altötting entscheidet zwar nicht über die Zukunft des Chemiedreiecks, ein Scheitern wäre aber ein weiterer Stein in einem Mosaik, das den Standort Deutschland bereits heute im internationalen Vergleich nicht gut aussehen lässt. Hierzu zählen neben deutlich zu hohen Energiepreisen unter anderem bürokratische Hürden und eine ungenügende Infrastruktur.

Wovon hängt es jetzt ab, ob der Windpark kommt?

Zu den Projektplänen können letztlich nur die Qair Deutschland GmbH als Projektfirma und der Freistaat Bayern als Grundstückseigentümer Aussagen treffen. Die Chemieindustrie der Region unterstützt zwar das Vorhaben, wir sind allerdings nicht direkter Projektbeteiligter.

Die Windkraftgegner rühren kräftig die Werbetrommel. Was tun Sie jetzt?

Überzeugungsarbeit und eine transparente Kommunikation sind aus unserer Sicht das A und O, um das Windparkprojekt zum Erfolg zu führen. Wie in der Vergangenheit leisten wir auch hier gerne weiterhin unseren Beitrag und unterstützen, wo wir können. Allerdings sehen wir auch beim Thema Kommunikation zuallererst die direkten Projektbeteiligten in der Verantwortung.

Interview: Matthias Schneider

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