„Bewegung fördert die Produktion von Glückshormonen“

von Redaktion

INTERVIEW Stressmediziner Milan Dinic erklärt, was in unserem Körper passiert, wenn wir uns gut fühlen – oder nicht

München – Was passiert in unserem Körper, wenn wir glücklich sind? Milan Dinic ist Internist und Experte für Stressmedizin in München. Er sagt: „Unser Wohlbefinden wird von Glückshormonen gesteuert.“ Wie man diese aktiviert, erklärt Dinic im Interview mit unserer Zeitung.

Herr Dinic: Wo im Körper findet Glück statt?

Vor allem in unserem Kopf. Das sogenannte Belohnungszentrum befindet sich in unserem Mittelhirn: Wenn wir etwas Schönes erleben, werden dort Dopamine ausgeschüttet. Aber auch in den Nebennieren werden Glückshormone wie zum Beispiel Serotonin gebildet.

Lösen die verschiedenen Hormone unterschiedliche Glücksgefühle aus?

Im Prinzip ja. Serotonin brauchen wir, um Stressresistenz aufzubauen und motiviert zu sein – ein Stimmungsaufheller. Dopamin ist ein Belohnungshormon und entsteht zum Beispiel, wenn wir Aufgaben erledigt haben. Endorphine sind wie körpereigene Schmerzmittel und versetzen uns beim Sport in einen Rauschzustand. Und Oxytocin, das Kuschelhormon, macht, dass wir uns bei Mitmenschen wohlfühlen. Das wird etwa freigesetzt, wenn eine Mutter ihr Kind stillt.

Können wir diese Hormone steuern?

Wir können unsere Hormonausschüttung durchaus beeinflussen. Bewegung fördert zum Beispiel die Produktion von Glückshormonen. Da muss man sich auch nicht verausgaben. 150 Minuten die Woche können schon reichen. Auch die Ernährung ist wichtig: Ich empfehle mediterrane Kost. Die Aminosäure Tryptophan ist eine Vorstufe von Serotonin und vor allem in Lebensmitteln wie Nüssen, Fisch, Vollkornprodukten und Bananen, Datteln oder Feigen zu finden. Wenn der Arzt ein Hormonungleichgewicht feststellt, kann auch eine medikamentöse Ergänzung helfen – aber eigentlich sollten wir versuchen, selbst in der Lage zu sein, unsere Speicher voll zu halten.

Und wenn die Speicher leer sind, dann macht uns das traurig?

Nicht unbedingt traurig – aber wir verlieren den Antrieb. Depressive Menschen sind auch nicht zwingend unglücklich, sondern verlieren eher ihre Begeisterungsfähigkeit. Viele verwahrlosen, kümmern sich nicht mehr um sich selbst und ziehen sich zurück.

Müssen wir sparsamer mit Glück umgehen, damit die Speicher gefüllt bleiben?

Besser wäre es, darauf zu achten, dass die Speicher regelmäßig aufgefüllt werden. Regeneration ist da essenziell: Nicht jeder hat einen erholsamen Schlaf, aber ein paar Minuten Atemübungen im Alltag können schon helfen. So bauen wir Stresshormone wie Cortisol oder Adrenalin ab. Wichtig ist die Balance: Man kennt von Workaholics, dass sie am Anfang super drauf sind, voller Tatendrang – und dann in ein Loch fallen. Nur wenn wir uns erholen und auf uns achten, sorgen wir dafür, dass die Batterien nicht leer gehen. Ist man über Wochen antriebslos, sollte man beim Arzt seine Hormone testen lassen. Interview: Kathrin Braun

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