Der König hält Hof, die Ministerin zürnt

von Redaktion

Das prächtige Siko-Dinner und ein Herzchen am Flughafen: Wieder ärgert die Ampel, wie Söder Bayern präsentiert

München – Er heißt die Gäste willkommen im „Wohnzimmer der Könige“, wo nicht mehr die Könige Hof hielten, aber – Kunstpause – „ihre Nachfolger“. Nein, Markus Söder übt sich nicht in Bescheidenheit, weder in echter noch in falscher. Auf roten Samtstühlen unter goldenen Decken, im Licht von Kerzen und Kronleuchtern, ist er der Gastgeber des großen Siko-Dinners. Die Anwesenden im prächtigen Kaisersaal der Residenz haben einen schönen und inhaltlich starken Abend bei Lachsforellentatar, Entenbrust und „Altmünchner Kaiserschmarrn“. Die Abwesenden haben allmählich Groll. Weil es ihnen zu viel Söder und Bayern-Mia-san-mia ist, hier und anderswo.

Es knirscht diesmal, aber dazu später mehr. Der Festabend in der Residenz wird sehr harmonisch. Am Ehrentisch tummeln sich die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen und etliche Kollegen aus aller Welt, bis Katar und Bangladesch. Keiner der Redner vergisst, die Siko zu preisen als Dialogformat, wichtiger denn je. „Wir sind keine Kalten Krieger, sondern die Menschen, die einen heißen Krieg beenden wollen“, sagt Söder. Nicht Waffenbrüder, sondern Wertebrüder und -schwestern.

Trotz all der Kriege rückt der Abend das Thema Klimaschutz zumindest zeitweise in die Mitte. Den Ewald-von-Kleist-Preis (wird seit 2019 von der Siko vergeben) erhalten der US-Klimabeauftragte John Kerry und Mia Amor Mottley, die Premierministerin von Barbados, die vor der Erderwärmung warnt und dem Westen in immer deutlicheren Worten Heuchelei vorwirft. Beide sind begnadete Redner, zumindest Kerry zeigt das am Abend. Leidenschaftlich spricht er über Kriege und Krisen. Er erzählt von seiner Mutter, die Weltkriegsverwundete in Europa verarztete und sterben sah. „Heute hören wir die Echos der 30er“, sagt er, und es ist sehr still im Saal. Er skizziert, Klima und Kriege umfassend, „wie nahe die Welt wieder dem totalen Chaos ist“.

Bei Söder bedankt sich Kerry grinsend für die Einladung in sein „humble home“, bescheidenes Zuhause also. Wobei, und damit zu den Abwesenden, diese satten Bayern-Inszenierungen einigen in der Bundespolitik stinken. In die Residenz kommt kein einziger Ampel-Minister, dafür Söders halbes Bayern-Kabinett. Das ist kein Zufall: In der Bundesregierung gibt es Zorn, die Bayern präsentierten sich zu sehr als Gastgeber, betrieben Nebenaußenpolitik. Das geht bis hin zu Petitessen. Das Portal „Table.Media“ berichtet von Ärger in der Ampel, warum Söder bei der Selenskyj-Rede in Reihe 1 sitzen durfte. Er selbst erzählt fröhlich, wie er es gegen den expliziten Willen des Secret Service schaffte, der US-Vizepräsidentin Kamala Harris am Münchner Flughafen plötzlich ein riesiges Bayern-Lebkuchenherz in die Hand zu drücken.

Und es wird boykottiert: Außenministerin Annalena Baerbock schwänzt nicht nur das Dinner, sie sagt dem Vernehmen nach auch kurzfristig für das traditionelle Netzwerker-Frühstück für Frauen am Samstag ab. Intern heißt es, sie habe beansprucht, dort neben Hauptrednerin Hillary Clinton zu sprechen. Weil aber die Staatsregierung Gastgeber ist (und bezahlt), war diese Bühne neben Clinton für Söders Ministerin Judith Gerlach reserviert.

Baerbocks Boykott sorgt für viel Getuschel. Ein bayerischer Regierungssprecher merkt an, die Außenministerin sei „jederzeit als Gast herzlich willkommen“, könne aber „über ihr Kommen nur selbst entscheiden“.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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