„Wir reden zum Glück über Einzelfälle“

von Redaktion

5 FRAGEN AN

Andreas Barth ist Sprecher von Pro Bahn München. Ein Gespräch über die Sicherheit bei der Bahn.

Herr Barth: Wofür steht dieser Prozess für Sie?

Beim Unglück in Schäftlarn geht es klar um ein individuelles Fehlverhalten eines Einzelnen, was leider zu einem Toten und Schwerverletzten geführt hat.

Solche Unglücke kommen ja immer wieder vor. Steht da nicht doch ein Systemfehler bei der Bahn dahinter?

Ich würde es sogar umgekehrt sagen: Wir reden zum Glück nur über Einzelfälle. Warum diskutieren wir denn über jeden Unfall? Weil es so selten passiert! Das ist das gute Zeichen. Ich glaube aber, wir müssen künftig nicht nur über Unfälle, sondern auch über Gefährdungssituationen reden. Und zwar ohne dass die Betroffenen Angst haben müssen zu sagen: Da ist etwas schiefgelaufen. Jeder von uns macht mal einen Fehler – und sagt dann: Da habe ich Glück gehabt. Über diese Fälle müssen wir auch reden, denn da geht es um systemische Sicherheit. Wir tun uns in Deutschland ein bisschen schwer, uns selbst zu hinterfragen. Wir sind immer sehr überzeugt, dass wir alles gut machen.

Wir haben viele eingleisige Strecken, wo es immer wieder zu kritischen Situationen oder auch Unglücken kommt.

Natürlich muss man da dringend etwas machen – wenn auch aus anderen Gründen. Schauen wir uns die S7 an: Die hat dauernd Verspätung, keinen Zehn-Minuten-Takt, und die S-Bahn ist voll. Wäre das anders, könnten mehr Leute vom Auto auf die S-Bahn umsteigen – das wäre auch ein Sicherheitsgewinn. Bei anderen eingleisigen Strecken, zum Beispiel Murnau nach Oberammergau, müsste man den Untergrund sanieren, damit die Züge mal schneller fahren können.

Klingt logisch – passiert aber nicht. Warum?

Es ist eine Mischung: Man hat viele Jahre nichts getan – und viele Jahre gab es auch kein Geld. So wurden Stellen, die gut wären für zweigleisigen Ausbau, nicht bearbeitet. Auf Bundesebene werden zudem gern alle Maßnahmen einzeln durchgerechnet, bevor es Geld gibt. Das führt dazu, dass es extrem langsam vorangeht. Die Frage ist halt immer: Was hat politische Priorität?

Die S7 ist auch eine Schulungsstrecke, weil sie eingleisig und kurvig ist. Gut oder gefährlich?

Wenn Lokführer geschult werden, ist ein erfahrener Profi dabei, der die Strecke gut kennt. Außerdem bekommt bei der S-Bahn jeder für jede Strecke, die er fährt, eine eigene Schulung.

Interview: Wolfgang Hauskrecht

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