Was darf ein Landrat und was nicht? Wir haben Sebastian Gruber (CSU) gefragt. Der 42-Jährige ist Landrat des niederbayerischen Landkreises Freyung-Grafenau und dritter Vizepräsident des Bayerischen Landkreistags, des Spitzenverbands der 71 bayerischen Kreise.
Herr Gruber, haben Sie derzeit ähnliche Probleme wie der Kreis Miesbach?
Es ist Winter, da sind die Flüchtlingsströme generell und somit die Zuweisungen von der Bezirksregierung niedriger. Derzeit sind knapp 2000 Menschen mit Fluchthintergrund im Landkreis.
Kommen die Zuweisungen immer von den Bezirksregierungen?
Ja. Die Bezirksregierung verteilt die Flüchtlinge nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Landkreise und kreisfreien Städte. Er setzt sich aus dem Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl zusammen. Es wird geschaut, welcher Landkreis die Verteilung erfüllen muss und wo freie Kapazitäten vorhanden sind. Als Landkreis kann man beispielsweise mitteilen, dass man potenzielle Plätze hat, die aber erst in einem Monat verfügbar werden. Die Bezirksregierung nimmt in der Regel Rücksicht darauf.
Könnte man die Bezirksregierung nicht einfach immer wieder vertrösten?
Nein, jeder Landkreis muss seinen Beitrag leisten. Zeitweise geht es etwa aus baulichen oder planerischen Gründen nicht, wenn Unterkünfte in Vorbereitung sind, darauf wird dann in der Regel Rücksicht genommen. Aber auch die anderen Kreise haben berechtigterweise ein Auge auf die Zahlen und die Erfüllung. Zudem mieten die Bezirksregierungen auch selbst vor Ort Gebäude oder Flächen für Unterkünfte an.
Und wenn ich als Landkreis einfach keine Flächen mehr für Flüchtlinge habe?
Wenn das Ankerzentrum überläuft, müssen die Menschen im Regierungsbezirk verteilt werden. Die Bezirksregierungen sind auch nur in der Mitte und verteilen weiter – und wir Landratsämter sind die letzten in der staatlichen Kette. Der Landrat kann nicht tun und lassen, was er will. Die Landratsämter sind an Gesetze und Vorgaben gebunden. Bürgermeister und Landräte sind nicht diejenigen, die über die gesetzlichen Rahmenbedingungen beim Thema Migration entscheiden. Wir sind in vielen Fällen aber die Übermittler der unangenehmen Botschaften.
Wie verteilen die Landräte auf die Gemeinden?
In erster Linie nach der Verfügbarkeit von Flächen und Liegenschaften, nach Möglichkeit auch nach Sozialverträglichkeit und Gemeindegröße. Unabhängig davon: Liegenschaften und Flächen sind ein knappes Gut.
Welche Möglichkeiten hat eine Gemeinde, die Unterbringung zu verhindern?
Die Kommunen haben eine Mitwirkungspflicht, sie können die Hände nicht einfach in den Schoß legen. Sie haben baurechtliche Möglichkeiten, etwa um einer Nutzungsänderung nicht zuzustimmen, indem das gemeindliche Einvernehmen verweigert wird. Das ist aber meist nur ein Pyrrhussieg, weil die Erteilung vom Landratsamt unter bestimmten Umständen ersetzt werden muss.
Interview: Max Wochinger