„Niemand muss auf der Straße schlafen“

von Redaktion

7 FRAGEN AN

Richard Schlickenrieder von der Münchner Wohnungslosenhilfe berichtet, welche Hilfe es von der Stadt für Obdachlose gibt.

Welche Hilfen gibt es von der Stadt?

Wir bieten Beratung, Tagesaufenthalte und Kleiderkammern an. An der Pilgersheimer Straße und im Haneberghaus gibt es Arztpraxen für Obdachlose. Außerdem haben wir Streetworker und eine Straßenambulanz. Und es gibt sehr viele Übernachtungsangebote. Niemand muss in München auf der Straße schlafen.

Woran liegt es, dass es trotzdem so viele tun?

Viele Obdachlose haben psychische Erkrankungen wie soziale Angststörungen oder Klaustrophobie. Manchmal ist auch die Hausordnung einer Einrichtung der Grund.

Gibt es Zahlen, wie viele Menschen in München obdachlos sind?

Nach einer Expertenschätzung sind es 550 Menschen in München. Überwiegend Männer zwischen 20 und 50 Jahren. Diese Zahl ist aber zehn Jahre alt. Deshalb haben wir eine neue Zählung in Auftrag gegeben. Die Zahlen wollen wir dieses Frühjahr dem Stadtrat präsentieren.

Warum werden die meisten obdachlos?

Oft kommen Menschen nach München, haben vielleicht eine Arbeit, finden aber keine Wohnung. Dann gibt es Übergangslösungen, irgendwann sind aber alle Möglichkeiten erschöpft. Wenn dann noch psychische Erkrankungen oder Geldknappheit dazukommen, kann es schnell gehen.

Welche Rolle spielen Bettelbanden?

Der Stadt ist nicht bekannt, dass es bei uns Bettelbanden-Strukturen gibt. Aber es gibt familiäre Verbünde, die gemeinsam aus Osteuropa mit dem Auto nach München kommen, um zu betteln. Durch die EU-Osterweiterung kamen auch viele Obdachlose aus Bulgarien und Rumänien nach München. Wir haben Übernachtungsmöglichkeiten mit 850 Plätzen aufgebaut, um alle versorgen zu können.

Wie oft gelingt es, Menschen zurück in die Gesellschaft zu holen?

Wir erreichen die Menschen irgendwann, aber es dauert oft lange und braucht extreme Anstrengungen. Es gelingt uns oft, sie in unsere Einrichtungen zu holen und sie zu beraten.

Wie kann man Obdachlose am besten unterstützen? Mit Geld?

Ob man den Menschen auf der Straße Geld geben möchte, muss jeder für sich entscheiden. Wenn jemand nachhaltig helfen will, sollte er an die Wohnungslosenhilfe in München spenden.

Interview: Katrin Woitsch

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