8 FRAGEN AN
Weltweit gehen Frauen am 8. März für mehr Rechte auf die Straße. Jana Günther, Sozialwissenschaftlerin und Protestforscherin von der Evangelischen Hochschule Darmstadt, erklärt, was Frauenproteste bewirken und wie Widerstand funktioniert.
Frau Günther, wie lange gibt es Frauenproteste schon?
Solange es Widerstandsbewegungen gibt. Frauen waren immer, als die Hälfte der Weltbevölkerung, ein legitimer Teil von Demokratisierungsbewegungen.
Was ist an feministischem Protest anders?
Es sind andere Themen: Frauen, Mütter und Arbeiterinnen haben noch mal eine besondere Diskriminierung erfahren – wie etwa fehlende Arbeitsrechte. Gleichzeitig waren auch immer Männer Teil der feministischen Bewegungen.
Was haben Frauen bisher angestoßen?
Etwa den Protest gegen Sklaverei in den USA oder die Einführung des Wahlrechts. Aber auch die gesamte Professionalisierung im sozialen Bereich geht stark auf eine Frauenkulturbewegung zurück. Der 8. März zeigt: Frauen als Arbeiterinnen, Lehrerinnen und Co. tun ganz viel dafür, dass der Laden überhaupt läuft.
Könnten Frauen in Russland eine Anti-Kriegsprotestwelle auslösen?
Das ist meine Hoffnung.
Die große Welle ist aber bislang ausgeblieben.
Das politische System in Russland lässt nur sehr wenige politische Gelegenheiten für einen zivilgesellschaftlichen Protest von Frauen, Müttern und Schwestern zu. Zwar sind familiäre Belange mehr akzeptiert als eine klare liberal-radikalfeministische Position. Dennoch: Man darf nicht zu viel vom Widerstand verlangen, wenn das System so repressiv ist.
Könnte dort am Internationalen Frauentag etwas hochkochen?
Wenn man etwas entpolitisieren möchte, macht man einen Feiertag draus.
Ein Blick nach Belarus oder in den Iran: Ist der Widerstand dort verstummt?
Die Geschichte zeigt: Widerständiges Denken für mehr Rechte ist schwerer zu unterdrücken als man glaubt.
Gleichzeitig glückt feministischer Protest aber nicht in jedem Land. Siehe etwa Afghanistan.
In Ländern, die weiter demokratisiert sind und geschlechtsspezifische Ungleichheiten thematisieren, ist Widerstand einfacher. In Afghanistan aber werden Frauen mit Leib und Leben bedroht und können nicht mehr an Bildung teilhaben. INTERVIEW: L. HUDELMAIER