Berlin – Fast alle Asylsuchenden und anerkannten Geflüchteten benötigen nach eigener Einschätzung mehr Unterstützung, um sich in Deutschland zu integrieren. Das ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Für die Studie wurden Geflüchtete, die zwischen 2013 und 2016 eingereist waren, im Zeitraum 2016 bis 2020 in mehreren Erhebungswellen befragt.
Besonders das Deutschlernen fällt laut Studie den meisten sehr schwer. 91 Prozent wünschen sich mehr Hilfe. Über ein Viertel (82 Prozent) der Befragten gab außerdem an, mehr Unterstützung beim Zugang zur Gesundheitsversorgung zu benötigen. 69 Prozent bräuchten mehr Hilfe bei Fragen zu Asyl und dem Geflüchtetenstatus.
62 Prozent der Zugewanderten bemängelten zu wenig Unterstützung bei der Arbeitssuche und rund jeder Zweite (51 Prozent) wünschte sich mehr Beratung beim Zugang zu Bildung. Fast die Hälfte der Teilnehmer (47,2 Prozent) wollte nicht über persönliche Erfahrungen während der Flucht sprechen. Etwa jeder vierte Schutzsuchende berichtete von Gewalt und Bedrohung. Als besonders gefährlich beschreiben die Geflüchteten die zentrale Mittelmeerroute von Libyen oder Tunesien nach Italien oder Malta.
Nach einer Einschätzung des DIW dürfte sich die Wartezeit für den Zugang zur regulären Gesundheitsversorgung für Geflüchtete künftig fast verdoppeln. Derzeit warten Geflüchtete laut der Studie im Durchschnitt mehr als ein Jahr (376 Tage), bis sie Anspruch auf die reguläre Gesundheitsversorgung haben. Hintergrund für die befürchtete Verdopplung ist eine Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes Ende Februar, nach der Flüchtlinge bis zu drei Jahre nur eingeschränkte Gesundheitsleistungen erhalten. Nach Meinung des DIW hat der Beschluss nicht den gewünschten Einspareffekt für das Gesundheitswesen, sondern negative Folgen für die Betroffenen und den Staat.
Studienautorin Louise Biddle sagte, dass Hoffnungen, durch die Gesetzesänderung Kosten einzusparen, kurzsichtig seien. „Wir wissen aus anderen Studien: Werden Gesundheitsprobleme erst adressiert, wenn dies unerlässlich ist oder es sich um einen Notfall handelt, ist es meist teurer als eine frühzeitige Behandlung.“ Damit werde die eingeschränkte Gesundheitsversorgung von Geflüchteten die Kosten für Länder und Kommunen nicht senken.
Mit Blick auf den Verwaltungsaufwand und damit verbundene Kosten wäre es laut DIW sinnvoll, die elektronische Gesundheitskarte für Geflüchtete bundesweit einzuführen. Flächendeckend gibt es diese bislang in Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Thüringen und Schleswig-Holstein. dpa/fwe