So verringern Sie Ihr Risiko

von Redaktion

Krebserkrankungen können jeden treffen, aber jeder kann die Wahrscheinlichkeit dafür beeinflussen

München – Vor schweren Erkrankungen ist niemand gefeit, aber wir haben es zumindest ein Stück weit selbst in der Hand, möglichst gesund zu leben. An welchen Stellschrauben man im Alltag drehen sollte, weiß Privatdozent Dr. Holger Seidl. Hier gibt der erfahrene Gastroenterologe und Chefarzt im Münchner Isarklinikum praktische Alltags-Tipps für Ernährung und Bewegung.

Genügend trinken

Flüssigkeitsmangel wird oft unterschätzt. Zwei bis drei Liter pro Tag sollten es sein – wenn Sie stärker schwitzen, auch mal mehr. Wer zu wenig trinkt, riskiert einen harten Stuhl und hat auch nur selten Stuhlgang. Umgekehrt muss man aber nicht befürchten, dass viel trinken zu einem weichen Stuhl führt.

Tipp: Wer morgens einen halben Liter lauwarmes Wasser auf leeren Magen „auf ex“ trinkt, also schnell, der aktiviert den Magen-Darm-Reflex und kann leichter zur Toilette gehen.

Flohsamen & Pflanzen

Ballaststoffe sind wichtig. Sie stecken in Vollkornprodukten, Obst und Gemüse, machen den Stuhl fülliger und weicher, beschleunigen den Transport durch den Darm. Dadurch bleiben Giftstoffe kürzer im Darm – das senkt das Krebsrisiko messbar. Wer nicht so gern Grünzeug isst, kann ein- bis zweimal täglich pflanzliche Ballaststoffe ins Essen oder in Getränke mischen, zum Beispiel einen Teelöffel Flohsamenschalen.

Selbst kochen

Die Medizin hat in den letzten Jahrzehnten viele mögliche Schadstoffe enttarnt, die durch die industrielle Verarbeitung der Lebensmittel entstehen. Als kritisch gelten beispielsweise Konservierungsstoffe, um die Produkte länger haltbar zu machen. Auch beim Erhitzen entstehen Gefahrenstoffe wie Acrylamid, durch die Verpackung kann Mikroplastik in die Nahrung gelangen. Durch bestimmte Prozesse der industriellen Verarbeitung können Entzündungsvorgänge im Körper entstehen, das Krebsrisiko steigt.

Bei Studien hat sich herauskristallisiert, dass selber zubereitete Gerichte mit frischen Lebensmitteln aus der Region wesentlich gesünder sind als Fertigprodukte.

Gut kauen

Wir leben in einer Kultur der „Schnellschlucker“. Optimal wäre es, jeden Bissen 20-mal kauen. Zählen Sie einmal bewusst mit. Durch den intensiveren Reiz im Mund werden Botenstoffe aktiviert, die zu einem früherem Sättigungsgefühl führen – zum Beispiel die GLP-1-Agonisten, die derzeit auch als Inhaltsstoffe von „Abnehmspritzen“ in Mode sind. Der Magen benötigt drei bis zehn Stunden, um das Essen auf Reiskorngröße zu zerkleinern für die Weitergabe in den Dünndarm. Gutes Kauen verkürzt diese Zeit. Weniger „Druck“ im Magen bedeutet auch weniger Sodbrennen, weniger Völlegefühl. Auch Blähungen werden durch gutes Kauen weniger.

Weniger rotes Fleisch

Maximal ein Pfund rotes Fleisch pro Woche solle es sein. Rotes Fleisch (Rind oder Schwein), Wurst, Milchprodukte, Alkohol, Zucker finden sich zu oft auf dem Speiseplan. Diese Lebensmittel in größeren Mengen erhöhen aber das Risiko für Darmkrebs und andere Tumore. Wer nicht ganz verzichten will, sollte zumindest weniger als 500 Gramm rotes Fleisch pro Woche essen. Die Milchmenge (oder Milchprodukte daraus) sollte 1,25 Liter täglich nicht überschreiten.

Bei alkoholischen Getränken nur ein Drink pro Tag für Frauen, maximal zwei für Männer. Als „Standarddrink“ gelten 0,1 Liter Wein oder 0,3 Liter Bier.

Schimmlig & verbrannt

Verschimmelte Nahrungsmittel gehören in den Müll, es ist auch nicht sinnvoll, Brot oder Obst großzügig auszuschneiden. Schimmelpilze durchsetzen unsichtbar die Umgebung. Braten oder toasten Sie nicht zu heiß und nicht zu dunkel, in verkohlten Stellen finden sich krebserregende Stoffe wie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Beim Grillen sollten Sie am besten mit Grillschalen arbeiten. Gepökelte Fleischwaren sollten gar nicht gegrillt werden.

Bewegung

Achten Sie auf genug Bewegung. Essen verweilt nur wenige Stunden in Magen und Dünndarm, aber Tage im Dickdarm. Durch Bewegung wird der Transportvorgang beschleunigt.

Übergewicht

Übergewicht gilt laut WHO als drittgrößter Faktor für 13 Krebsarten, darunter auch Darmkrebs. Sind Sie unsicher, ob Ihr Gewicht noch in der Norm liegt? Berechnen Sie Ihren Body-Maß-Index (BMI): Körpergewicht (kg) dividiert durch Größe in Meter (m) zum Quadrat. Ein Beispiel: 65 kg : (1,68 m x 1,68 m) = 23 BMI. Das Risiko steigt besonders ab einem BMI über 25. Beim Zunehmen spielt vor allem die hohe Aufnahme von Kohlenhydraten eine Rolle. Bedeutet: Kohlenhydrate verringern. Vermeiden Sie gesüßte Getränke. Weniger Beilagen wie Nudeln, Kartoffeln oder Brot zugunsten von Gemüse hilft beim Abnehmen. ANDREAS BEEZ

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