Berlin – Das Warten auf eine Organspende in Deutschland ist häufig quälend lang – durchschnittlich acht bis zehn Jahre. Derzeit warten laut der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) etwa 8500 Menschen auf ein Spenderorgan, die meisten von ihnen auf eine Niere. Im vergangenen Jahr haben 965 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Im Vergleich zu 2022 mit 869 Organspendern ist die Zahl damit um elf Prozent gestiegen. Der Bedarf ist allerdings auch deutlich höher. Das gerade erst eingeführte Organspenderegister soll es leichter machen, sich zu registrieren und, so die Hoffnung, die Zahl der Spender erhöhen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) appellierte zum Start des Registers an die Bevölkerung, von der neuen Möglichkeit Gebrauch zu machen. Das Register im Internet sei ein Meilenstein für die Digitalisierung des Gesundheitswesens, sagte Lauterbach. Politik und Gesundheitswesen erhoffen sich dadurch mehr Klarheit bei der Frage, ob Bürger für oder gegen eine Organspende sind.
Laut Zahlen der DSO wurden im vergangenen Jahr 2877 Organe transplantiert: 1488 Nieren, 766 Lebern, 303 Herzen, 266 Lungen, 52 Bauchspeicheldrüsen und zwei Därme. Durchschnittlich wurden pro Spender im Jahr 2023 drei Organe entnommen. Der Stiftung zufolge ist der Anteil derer, die einen Organspendeausweis besitzen, zwar ungleichmäßig, aber signifikant gestiegen. Waren es im Jahr 2012 noch 22 Prozent, waren es 2022 bereits 40 Prozent.
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland aber dennoch weit zurück. Hierzulande läuft schon lange eine Debatte über eine Einführung der Widerspruchslösung, die unter anderem in Italien, Österreich und Spanien gilt. In Spanien gibt es europaweit übrigens die meisten Organspenden. Die Widerspruchslösung besagt, dass jeder Mensch nach einem Hirntod potenzieller Spender ist, es sei denn, es wurde zu Lebzeiten aktiv Widerspruch eingelegt. In Deutschland gilt aktuell hingegen die Entscheidungslösung: Zu Lebzeiten muss jeder Mensch einer Organspende ausdrücklich zustimmen. Der Wille wird mithilfe des Organspendeausweises dokumentiert, in einer Patientenverfügung oder über das Register für Erklärungen zur Organ- und Gewebespende. Tritt bei einem Patienten der Hirntod ein und es liegt kein Nachweis der Spendebereitschaft vor, müssen Angehörige die schwierige Entscheidung fällen.
Der Bundesrat forderte Ende vergangenen Jahres ein Gesetz zur Einführung der Widerspruchslösung. Auch der nordrhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte dieser Tage, dass er über den Bundesrat eine gesetzliche Regelung zur Einführung einer Widerspruchslösung bei Organspenden herbeiführen will. Zur Begründung verwies Laumann darauf, dass alle Staaten mit Widerspruchslösung in Europa eine höhere Zahl von Organspenden hätten als Deutschland. Auch Gesundheitsminister Lauterbach hatte erklärt, die Zahl der Spenderorgane sei langfristig nur zu erhöhen, indem Deutschland zur Widerspruchslösung wechsele.
Die Bereitschaft zu einer Organ- oder Gewebespende nach dem Tod kann auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte unter der Adresse „www.organspende-register.de“ erklärt werden. Notwendig dafür ist ein Personalausweis mit Onlinefunktion sowie eine PIN. Der Eintrag ist freiwillig und kostenlos und kann jederzeit geändert oder gelöscht werden, wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilte. dpa/fwe