Wenn die Wüste blüht

von Redaktion

Was Pfingsten mit Mission zu tun hat: Pfarrer Peter Brummer war als Missionar in Kenia

Die prächtigen Blumen nach dem langerwarteten Regen lassen Theresa strahlen. Die Menschen an der Grenze zu Äthiopien leben größtenteils noch als Nomaden. © Peter Paul Brummer

Die Wüste blüht nach dem Regen. © ppb

Völlig abgemagert ist die Ziege eines Nomaden. © Brummer

Der Missionar Brummer mit seiner Gemeinde in Kenia. © hm

Die Seelsorger Peter Brummer (l.) und Hubert Moessmer mit Nomaden-Kindern in der Kirche.

Frieding/Dukana – Drei Jahre lang hatte es in den Gemeinden Dukana und Kalacha im Norden Kenias nicht geregnet, als Peter Paul Brummer im vergangenen Jahr nach Ostafrika reiste. Der Anblick von ausgemergelten Ziegen, knochentrockenen Staubwüsten und klapperdürren Rindern hat den früheren Pfarrer von Tutzing (Kreis Starnberg) in seinem achtmonatigen Aufenthalt begleitet – aber auch das Zusammenleben mit fröhlichen Menschen in bunten Gewändern, die trotz unbarmherziger Hitze und anhaltender Dürre ihre Hoffnung nicht verlieren.

„Trotzdem“ ist ein Begriff, den der katholische Pfarrer, der nach Jahrzehnten der Gemeindeseelsorge im Bistum Augsburg als Missionar auf Zeit ins afrikanische Partnerbistum Marsabit gegangen ist, als eine Art Überlebensformel mitgebracht hat. Zwei Drittel der Tiere – Ziegen, Esel, Rinder und sogar die genügsamen Kamele – sind den Nomaden weggerafft worden, trotzdem haben die Männer und Frauen ihre innere Kraft und Stärke nicht verloren. „Gott verlässt uns nicht!“, sind sie überzeugt. Sie wissen, dass auch Gottes Helfer, die katholischen Seelsorger aus Bayern, ihnen seit über 50 Jahren mit Lebensmitteln, Medikamenten, Rat, Tat und Gebet zur Seite stehen.

Der Begriff Mission hat in Deutschland einen unangenehmen Beigeschmack erhalten. Menschen für den christlichen Glauben und die Kirche zu gewinnen, erscheint manchem angesichts schwindender Glaubwürdigkeit der Institution als Anmaßung oder Übergriffigkeit. Zu Pfingsten, dem Kirchenfest, von dem an die Verbreitung des christlichen Glaubens Fahrt aufnahm, fällt der Blick auf die aktuelle Missionsarbeit in vielen Ländern der Welt. Wie zeitgemäß ist das Wirken von katholischen Seelsorgern in Entwicklungsländern?

Hunger und Durst zu stillen ist in dem Gemeindegebiet im Nordosten Kenias, das so groß wie Oberbayern ist, zunächst die wichtigste Aufgabe. Von mehreren Missionsstationen aus werden die Nomaden mit dem Nötigsten versorgt. „Wenn die Kleinen am Zaun der Schule stehen und den Großmüttern etwas von ihrem Mais und ihren Bohnen abgeben, hat mich das schon sehr berührt“, berichtet Brummer. Trotz des Hungers und der Dürre gab es kein Jammern und Klagen, sondern Hoffnung und Hilfsbereitschaft.

Peter Brummer ist im Auftrag der Diözese Augsburg nach Ostafrika gereist. „Ich habe die Pfarrer Hubert Moessmer und Anton Mahl unterstützt, die schon seit 26 Jahren hier Entwicklungs- und Missionsarbeit leisten“, berichtet er. Zugleich ist es die Fortsetzung seiner Familiengeschichte. Vor über 50 Jahren hatten Brummers Cousins, die Pfarrer Xaver und Richard Tyroller, begonnen, den Nomaden eine neue Lebensperspektive zu zeigen. Ihnen von Jesus zu erzählen und dessen Botschaft der Nächstenliebe und Versöhnung, die es möglich macht, dass sich verfeindete Stämme friedlich begegnen können.

Dass Missionsarbeit echte Friedensarbeit sein kann, hat Brummer vor Ort erlebt, wenn die von den Missionaren gepredigte Nächstenliebe über den Stamm hinausgeht und den täglichen Kampf um Weideflächen und Wasserstellen überwindet. Wichtig sei aber auch die Bildungsarbeit. Mit Spenden aus Deutschland werden Schulstipendien für Kinder bezahlt. Über 20 Schulen wurden mit Hilfe der Missionare und Geld aus Deutschland gebaut. „Mit der Bildung gewinnen die Menschen an Selbstbewusstsein und Würde“, sagt Brummer. Vor allem die Frauen. „Der Sohn trägt den Namen des Vaters, führt die Herde weiter. Frauen werden bei den Nomaden nach ihrem Tod einfach vergessen.“ Der Glaube an ein Leben nach dem Tod sei für die Frauen eine Befreiung. Cäcilia, eine von 100 Menschen, die Brummer nach einjähriger Vorbereitung getauft hat, tanzte nach der Feier aus der Kirche und sang: „Halleluja, Jesus lebt und wir mit ihm. Der Tod ist nicht das Letzte“, erinnert sich der Pfarrer mit einem Lächeln. Dass Frauen an Selbstbewusstsein gewinnen, passt jedoch vielen Männern nicht. „Heirate keine Christin, die sind viel zu emanzipiert“, heißt es da schon mal.

Pakistan schickt seine Eiferer

Glauben vermitteln, wenn man weder Swahili noch Boran, die Sprache der Nomaden, spricht, ist mühsam. Grundthemen des Glaubens werden über bunte, lebendige Bilder erklärt. Ein äthiopischer Künstler hat Szenen aus der Bibel gemalt, etwa die Mose- und Jesu-Geschichten. Bilder, die Brummer dabeihatte, wenn er im Jeep zu entfernten Dörfern fuhr. Oft hatte der Pfarrer Ministranten dabei, die aus dem Englischen übersetzten. „Es wird in mehrfacher Hinsicht übersetzt – nicht nur in Boran, sondern auch die Aussagen der Bibel in unseren Alltag. Was heißt das für unser Leben?“ Ihn erinnert das an Pfingsten – nämlich „in der Verwirrung der Sprachen die Worte zu finden, die den Geist und die Herzen berühren“. Der Glauben an die Liebe Gottes, so sagt Brummer, „ist eine lebenswichtige Nahrung für den Geist und die Seele“.

Nicht nur Christen verkünden in Ostafrika den Glauben. Auch der Islam missioniert im Norden Kenias. Seit 2004/2005 verschärft sich die Lage, weil aus Pakistan vermehrt fundamentalistische Eiferer geschickt werden, berichtet Pfarrer Moessmer am Telefon. Während katholische Missionare Lebensmittelhilfen an alle Menschen verteilen, gebe es die islamischen Spenden nur für Muslime. Bedroht fühlen sich die Christen nicht durch den Islam, aber die Herausforderungen wachsen. Immer mehr Mädchen müssten Kopftuch tragen, es gebe inzwischen getrennte Friedhöfe. Trotzdem überwiege das Verbindende, das das Leben in den Gemeinden und zwischen den Stämmen deutlich verbessert. Die Nomaden merkten, „mit der Kirche kommt ein anderer Geist in die Gruppe“.

Mit der christlichen Botschaft verändere sich etwas im Miteinander, erlebt der aus Krumbach stammende Priester seit über 20 Jahren. Der Glaube gebe den Menschen die Hoffnung, dass es weitergehe. „Gott lässt uns nicht hängen, wir Christen sorgen füreinander“, sei die feste Überzeugung. „In Deutschland würde man in solchen Situationen verzweifeln. Resilienz, die innere Kraft, um wieder aufzustehen, das kann man von den Nomaden lernen.“ Jedes Jahr kommt Moessmer nach Bayern zum Heimatbesuch. Dem allgemeinen Frust über den Zustand der Kirche schließt er sich nicht an. „Es gibt so viele Dinge, die gut laufen“, sagt er. „Leider verkaufen wir uns schlecht.“ Auch die Kirche in seiner Heimat müsse wieder missionarisch werden und das Evangelium in Worten und Taten verkünden.

Nach überstandener Dürre gibt es jetzt seit Wochen in Kenia und ganz Ostafrika zerstörerische Regenfälle. Viele Menschen sind ums Leben gekommen. „Bei uns allerdings, in der weiten Wüste, ist der Regen willkommen. Die Niederschläge verwandeln die Wüste in fruchtbares Land, zartviolette Blumenteppiche wachsen. Ein einzigartiges Zeichen für das erneuerte Leben“, sagt Moessmer.

Seit einigen Monaten ist Peter Brummer zurück in Bayern. Er lebt jetzt in Frieding, einem Ortsteil von Andechs (Kreis Starnberg). Als Seelsorger ist er im Ostallgäu tätig sowie als geistlicher Begleiter von Cursillo, einer Erneuerungsbewegung in der Münchner Erzdiözese, und freischaffender Seelsorger. Mit neuer Kraft und gestärktem Bewusstsein für die Weltverantwortung der Kirche. Gerechtigkeit liegt ihm besonders am Herzen. Mit seiner Zwillingsschwester kämpft er auch für die Gleichberechtigung der Frauen. „Lebendig, stark und partnerschaftlich muss die Kirche sein, mystisch, geschwisterlich und politisch. Wir brauchen dringend den Heiligen Geist.“ In Bayern so wie in Kenia.

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