Russische Attacken auf den Wahlkampf

von Redaktion

„Nutze Deine Stimme“: Monitore im Europäischen Parlament in Straßburg. © dpa

Brüssel/München – Kurz vor der Europawahl wächst erneut die Sorge vor russischer Beeinflussung: Es gibt Cyberattacken auf Einrichtungen der EU-Länder, prorussische Internetplattformen sollen Propaganda in der EU verbreiten und sogar von Geldzahlungen an europäische Politiker ist die Rede. Wie groß ist die Gefahr?

Lea Frühwirth forscht beim Center für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) in Berlin über Wahlbeeinflussung. Ihr zufolge fällt Russland seit Jahren mit illegitimer Einflussnahme auf – beispielsweise durch Desinformationskampagnen mit gefälschten Medienseiten, die über Werbeanzeigen und nicht authentische Accounts verbreitet werden. Die EU-Wahl im Juni sei „ein erwartbares Ziel für solche Einflussversuche“. Typische Beispiele seien die Diskreditierung von Parteien sowie Politikern oder das Säen von Misstrauen gegenüber der Legitimität des Wahlprozesses.

Nach ihren Angaben mischt sich Russland nicht nur bei Wahlen ein. Solche Kampagnen seien eher eine Art Grundrauschen, sagt Frühwirth. Zu bestimmten Anlässen oder um polarisierende Debatten noch einmal anzuheizen, nehme das dann noch einmal zu. Bestes Beispiel dafür ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die East StratCom Task Force, die zum diplomatischen Dienst der EU gehört, berichtet, dass Desinformationsfälle, die die Ukraine ins Visier nehmen, mehr als 40 Prozent aller Fälle in ihrer Datenbank ausmachen.

Ein Mitte März in Sozialen Medien kursierendes Video zeigt beispielsweise, wie ein Panzer mit einer blauen Flagge durch die Landschaft fährt. Das soll angeblich in Russland nahe der ukrainischen Grenze sein. Wie Faktenchecker der dpa prüften, erinnert das Emblem auf der Fahne im Video zwar an den Sternenring des EU-Banners, gehört aber tatsächlich zur Legion „Freiheit Russlands“, die aufseiten der Ukraine kämpft. Von wem genau solche Videos stammen und wer sie verbreitet, lässt sich nicht immer eindeutig feststellen.

Den Experten der East StratCom Task Force zufolge zielen Kampagnen zum Ukraine-Krieg unter anderem darauf ab, die europäische Unterstützung zu untergraben. Doch der russische Einfluss geht über Desinformation hinaus. Immer wieder wird dem Kreml vorgeworfen, Drahtzieher von Cyberattacken zu sein. „Es können verschiedene Ziele dahinterstecken, beispielsweise das Abgreifen von Daten, das Schwächen kritischer Infrastruktur oder eine Kommunikationswirkung“, sagt Frühwirth. Bei länger zurückliegenden Cyber-Angriffen auf die SPD und deutsche Unternehmen aus den Bereichen Logistik, Rüstung, Luft- und Raumfahrt und IT benannte Außenministerin Annalena Baerbock Russland klar als Täter. Laut EU waren bereits andere staatliche Institutionen, Agenturen und Einrichtungen in Polen, Litauen, der Slowakei und Schweden vom gleichen „Bedrohungsakteur“ angegriffen worden. STELLA VENOHR

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