Boris Pistorius (SPD) mit Soldaten. © Wüstneck/dpa
München – Sie ist nicht tot, aber auch nicht lebendig. Also irgendwas dazwischen, eine Art Zombie: Die Wehrpflicht ist in Deutschland zwar seit 2011 ausgesetzt, aber nicht formal abgeschafft. Und alle paar Wochen richtet sie sich wieder auf in Form einer Debatte: Brauchen wir nicht doch wieder einen Pflichtdienst?
Der Sachstand: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gilt als Verfechter eines neuen Pflichtdienstes, wird aber von mehreren Seiten eingebremst. Unter anderem müsste eine Verfassungsänderung her, um eine Dienstpflicht (militärisch, gesellschaftlich, sozial) gleichermaßen auf Männer und Frauen auszuweiten. Zudem gibt es in der SPD den Vorbehalt, sich nicht zu offensiv für einen Militärdienst zu positionieren. Kanzler Olaf Scholz und seine Berater hielten im Europa-Wahlkampf und mit Blick auf die noch kommenden Ost-Wahlen das Stichwort „Frieden“ für erfolgreicher. Ebenso hegen die übrigen Ampel-Parteien FDP und Grüne Vorbehalte. Die FDP lehnt eine Pflicht kategorisch ab.
Pistorius ließ in den letzten Monaten mehrere Modelle prüfen. Er sendete unterschiedliche Signale. In einer SPD-Sitzung sprach er über ein Freiwilligenmodell, als ersten Schritt. Wenig später sagte er aber: „Nach meiner festen Überzeugung wird es nicht gehen ohne Pflichtbestandteile.“ Als sicher gilt, dass es künftig die Versendung von Musterungs-Fragebögen an junge Erwachsene geben soll. So ähnlich handhabt das Schweden, ohne jeden jungen Mann einzuziehen. Heute soll Pistorius im Bundestag und dann vor der Presse seine Pläne offenlegen.
Die Union, unter deren Minister Karl-Theodor zu Guttenberg die Wehrpflicht zusammengestrichen wurde, positioniert sich nun offensiver. Sie forderte eine Rückkehr zu einer Art Wehrpflicht. Diskutiert werden Modelle, wonach junge Menschen in einer Dienstpflicht zwischen Bundeswehr und einem Dienst in den Bereichen Soziales, Umwelt oder Entwicklung wählen könnten. Als „Gesellschaftsjahr“ bezeichnet das die Union; auch die Freien Wähler haben das im Programm. Eine Umfrage im Mai ergab, dass 77 Prozent der Deutschen für ein solches Konstrukt sind. Sollte das den Personalbedarf der Bundeswehr nicht decken, sieht das CDU-Konzept auf Druck der Jungen Union auch eine „Kontingent-Wehrpflicht“ vor: Demnach sollen Experten der Bundeswehr jeweils festlegen, wie hoch der Personalbedarf für ein Jahr sei. Nur wer zur Deckung des Personalbedarfs gebraucht werde, werde dann auch eingezogen.
CD