Das berühmteste Wirtshaus der Welt: Die Wirte Barbara und Wolfgang Sperger vor dem Hofbräuhaus. © Tschirpke
München – Tobias Ranzinger muss nicht lange überlegen. Wenn es darum geht, wie das Hofbräuhaus sich auf die EM vorbereitet, hat er das passende Video schon parat, bevor man die Frage zu Ende gestellt hat. „Das Hofbräuhaus ist ein Ort für die Fans, vor und nach dem Fußball“, sagt der Pressechef des weltweit berühmtesten Wirtshauses. Dabei zeigt er einen Werbeclip, auf dem die Angestellten versuchen, einen Fußball hochzuhalten. „Bier, Schweinsbraten und Wirtshausmusik können wir – Fußball überlassen wir den Profis“, heißt es darin.
Tatsächlich ist das Wirtshaus einer DER Anlaufpunkte für Fußballfans in München, Spiele übertragen werden hier während der EM aber nicht. „Wir mögen lieber den Durchlauf und das Zusammenkommen. Wenn Menschen 90 Minuten auf eine Leinwand schauen, verändert sich die Stimmung“, sagt Ranzinger. Jedes zweite Wochenende erlebt er hier die Anhänger deutscher und europäischer Vereine, die sich vor (oder eben: nach) dem Stadionbesuch auf eine und gern mehrere Mass niederlassen.
Während des Turniers erwartet er die Höchstauslastung von 3500 Gästen – jeden Tag. Zur Vorbereitung gehört nicht nur, genügend Getränke, Speisen und Kellner parat zu haben, sondern auch, sich auf die Fanlager einzustellen. Schließlich kommen nicht nur schottische, ukrainische und dänische Fans in die Stadt, sondern auch die Serben, die für ihre teils rechtsextremen Hooligans bekannt sind. Für die letzten Endrunden war der Verband nicht qualifiziert, in der eigenen Liga fallen die „Fans“ immer wieder mit Nazi-Symbolik, rassistischen Gesängen oder Affenlauten auf. Manche Hools wie Ivan Bogdanov (Spitzname: „Ivan der Schreckliche“) sind international bekannt, weil sie an den Spielabbrüchen zweier serbischer EM-Qualifikationspartien beteiligt waren.
„Wir arbeiten eng mit der Polizei zusammen, die zuständige Dienststelle ist direkt gegenüber“, erklärt Ranzinger. Das Wirtshaus hat dazugelernt. Noch im März gingen Videos der Anhänger von Lazio Rom viral, die auf den Bierbänken faschistische Gesänge anstimmten und den römischen Gruß (ähnlich zum Hitlergruß) zeigten. „Das hat man so schnell gar nicht mitbekommen“, erinnert sich Wirt Wolfgang Sperger. Seine Frau Barbara ergänzt: „Wir haben den Inhalt der Lieder gar nicht verstanden, sie sangen ja auf Italienisch.“
Das Resultat war trotzdem ein Imageschaden, der sich nicht wiederholen soll. „Die Polizei prüft die Fangruppen, die anreisen werden. So wissen wir schon vorher, wer kommt“, sagt Ranzinger. Besteht ein Gefahrenpotenzial wie zum Beispiel bei den Serben, zeigt sich die Polizei bereits auf dem Vorplatz präsent. Reicht das nicht, erhöhe sich auch das Polizeiaufgebot im Haus „und schmeißt die entsprechenden Leute raus“. Außerdem wird der hauseigene Sicherheitsdienst, der in Zivil auftritt (das bedeutet hier: in Tracht) nochmal extra geschult. Eingangs-Checks will das Hofbräuhaus aber auf keinen Fall. Ranzinger: „Wir sind ein Wirtshaus – keine Burg.“
Was er damit meint: Das Hofbräuhaus wird immer jeden Gast empfangen. Es kann nicht anders, allein schon wegen seiner Größe. Und es will nicht anders, niemand soll hier unter Generalverdacht gestellt werden. Die Fußballspiele bieten schließlich immer wieder auch erfreuliche Erlebnisse: „Nach einer Mass kann plötzlich auch der deutsche Fan Englisch, dann verstehen sich alle von allein“, sagt Wirt Sperger und lacht. VINZENT TSCHIRPKE