Hochkonzentriert trainiert Verena Bentele 1997 mit Ralph Schmidt das Luftgewehrschießen. © Jörg Schmitt
Auf Skiern an ihrer Seite: Ralph Schmidt und Verena Bentele beim Training im Jahr 2002. © Imago
Ralph Schmidt kennt Verena Bentele besser als viele andere. Er war von 1995 bis 2002 ihr Begleitläufer beim Biathlon. Mit ihm an ihrer Seite nahm sie mit 14 an ihrer ersten Weltmeisterschaft teil – und gewann ihre ersten Goldmedaillen. Noch heute ist der 57-Jährige eng mit ihr befreundet. Er verrät, wie Bentele als Teenager war – und welche Eigenschaften sie bis heute nicht geändert hat.
Sie haben Verena Bentele im Teenageralter kennengelernt. Wie war sie damals?
Als wir uns kennenlernten, war sie 12 Jahre alt. Ich war früher selbst Leistungssportler und hatte einen Freund in der Paralympics-Mannschaft. Also bin ich eingesprungen, als ein Begleitläufer gesucht wurde. Als ich nach dem Training ins Hotel kam, habe ich auf dem Gang von Weitem ein junges Mädchen wie ein Rohrspatz schimpfen gehört. Ich musste lachen, bin hin und habe sie gefragt, was los ist. Verena war damals sehr unzufrieden mit ihrem Begleitläufer. So sind wir ins Gespräch gekommen.
Wie ehrgeizig war sie?
Genauso ehrgeizig wie heute. Verena wollte früher oft mit dem Kopf durch die Wand und hat sich für ihren Sport verrückt gemacht. Heute geht sie die Dinge mit klarem Kopf und strukturiert an, aber immer noch sehr ehrgeizig. Sie hat mal zu mir gesagt, ich hätte Pech gehabt, dass ich ausgerechnet während ihrer Pubertät ihr Begleitläufer war.
Fällt es ihr leicht, anderen zu vertrauen?
Ich glaube, sie musste das als Kind lernen. Wir haben uns das Vertrauen zueinander aufgebaut. Das spüren wir noch heute. Wenn einer von uns ein Problem hat oder einen Rat braucht, rufen wir uns gegenseitig an. Wir telefonieren oft.
In welchen Situationen haben Sie sie nervös erlebt?
Immer wenn ein großer Wettkampf anstand. Dann war sie oft so nervös, dass sie verkrampft wurde. Sie hat sich selbst zu sehr unter Druck gesetzt. Ich musste dann schon Tacheles mit ihr reden, um sie etwas runterzubringen.
Konnte Sie mit Niederlagen umgehen?
Das war anfangs schwer, sie musste es lernen. Wenn sie nur Vierte wurde, war es sogar schwer sie dazu zu bringen, zur Siegerehrung zu gehen. Sie war jung und ein Heißspund. (lacht) Heute kann sie mit Niederlagen gut umgehen. Aber wenn sie sich ärgert, bekommt man es mit. Sie sagt immer offen, wenn sie etwas stört. Aber sie sucht auch immer nach Lösungen, um Dinge zu verbessern.
Waren Sie überrascht, als Sie hörten, dass sich Verena Bentele politisch engagieren will?
Ich war überrascht, als sie Behindertenbeauftragte der Bundesregierung wurde und nach Berlin ging. Ich wusste aber, dass sie sich vorher schon in München sehr für dieses Thema engagiert hatte. Aber was sie jetzt alles macht, habe ich nicht kommen sehen.
Welche Rolle spielt der Sport heute noch in ihrem Leben?
Eine große. Der Sport ist ihr Ausgleich, ihr Ventil. Außerdem geht man Dinge anders an, wenn man mal Leistungssportler war. Man macht sich einen Plan. Und Verena sagt zu neuen Herausforderungen nie Nein. Das war im Training immer so und gilt auch heute.