SAP Garden: Der neue Gigant des Münchner Sports

von Redaktion

Die Heimat der VIPs: Insgesamt elf Logen sind im Garden installiert. Noch kann man den Luxus nur erahnen.

Vorfreude: EHC-Profi Dominik Bittner testet zumindest die Bank schon einmal aus.

25 Meter über dem Geschehen: Bittner mit unserem Redakteur Patrick Reichelt auf dem „Catwalk“.

Eine neue Zeitrechnung: Auf knapp 900 Quadratmetern können die EHC-Profis an Kraft und Kondition feilen. Rechts sind die verstärkten Böden für das Hanteltraining zu sehen.

Bereit zum Start: In der Trainingshalle übt der EHC bereits ab Anfang August. Gespielt wird bis zur Eröffnung aber auswärts.

Eins mit der Parklandschaft: Das Dach des Gardens wird derzeit begrünt mit dem im Park üblichen Wiesengras. © EHC Red Bull

Das Schmuckstück nimmt Gestalt an: Am 27. September duelliert sich der EHC Red Bull München in der neuen Arena mit Buffalo. © Mathias Stickel (7)

München – Ganz oben angekommen, auf dem Dach von Münchens berühmtester Baustelle, lässt Dominik Bittner den Blick schweifen. Hinüber zum Zeltdach. Zum Olympiastadion und der Werner-von-Linde-Halle. Dorthin, wo die Eishockey-Profis des EHC Red Bull München in diesen Tagen an den Grundlagen für die Saison feilen. Nicht mehr lange, dann werden sie hier weitermachen. Im SAP Garden, der Multifunktionshalle, die der Getränkekonzern Red Bull in den Ausläufern des Olympiaparks errichtet. 150 Millionen Euro waren taxiert, die Kosten sollen dem Vernehmen nach noch deutlich höher liegen.

Am 27. September öffnet das Musterprojekt offiziell seine Türen. Dann dürfen sich Bittner und Kollegen an den Buffalo Sabres aus der US-Eishockey-Traumfabrik NHL versuchen. Fünf Tage später ziehen auch die Basketballer des FC Bayern nach. Der Untermieter stellt sich mit einer Partie in der Königsklasse Euroleague in der neuen Heimat vor. Die beiden Vereine werden sich im Wesentlichen die Nutzung der Hauptarena teilen. Wobei die Bayern zumindest die Ligaspiele weiter im alten Quartier BMW-Park, der einstigen Rudi-Sedlmayer-Halle, bestreiten. Für den EHC dagegen ist die alte Olympia-Eishalle Vergangenheit – der fast 60 Jahre alte Bau soll über kurz oder lang weichen.

25 Meter hoch über der Spielfläche

Wie die Zukunft aussehen wird, kann man sich längst vorstellen. Nach vier Jahren Bauzeit ist das Projekt in der Detailarbeit angekommen. In diesen Tagen werden auch die steilen Tribünen bestuhlt. Bittner lässt sich beim Rundgang mit unserer Zeitung in einer der schon fertiggestellten Reihen nieder – die elf Logen gehören (noch) nicht dazu. Es ist für ihn eine ungewollt vertraute Perspektive. Der 32-jährige Peißenberger hatte wegen einer Schulterverletzung fast die Hälfte der Vorsaison als Zuschauer verfolgen müssen. Entsprechend gespalten sind die Gefühle gerade. „Es ist beeindruckend“, sagt er, „aber ich hoffe, dass ich davon nicht mehr viel sehe.“

Immerhin: Der Blick vom „Catwalk“, jener Brücke, die den Technikern 25 Meter über der Spielfläche den Zugang zu den Gerätschaften unter dem Dach ermöglicht, lässt Bittners Augen leuchten. „So habe ich mal ein NHL-Spiel in Edmonton gesehen“, erzählt er. In der Frühphase seiner Karriere ist das gewesen, als er mal eine Spielzeit in Übersee, bei den unterklassigen Everett Silvertips, verbrachte.

900 Quadratmeter für die Fitness

Aber klar, Bittner will aufs Eis, will in die Kabine. Seinen Platz dort wird er bald beziehen können. Das Allerheiligste von Europas modernstem Sporttempel, die beiden Kabinen und der dazwischen gelagerte Wellnessbereich mit Sauna und Whirlpools, werden schon möbliert. Platz ist reichlich, das ist anders als in der vergangenen Saison, als der verletzte Bittner aus Kapazitätsgründen seinen Spind Nachkauf Emil Johansson überlassen musste. Jetzt hätte er gerne einen „ganz in der Mitte“ der halbkreisförmigen EHC-Kabine. Aber das wollen andere auch. Entscheiden wird Bittner es nicht können – Profimannschaften sind ein streng hierarchischer Betrieb.

Es sind die Bereiche, in denen Besucher der Noch-Baustelle schon angehalten sind, Plastiküberzieher über die Schuhe zu streifen. Zum Schutz für die bereits gereinigten Böden. Das gilt auch für die beiden Gefängniszellen, die der Polizei in der Arena zur Verfügung stehen, und den Kinoraum. Und erst recht für den Fitnesssaal, jenes knapp 900 Quadratmeter große Areal, in dem sich die EHC-Profis künftig Kraft und Ausdauer holen sollen. Die ersten Geräte sind, wie auch eine Boulderwand, schon installiert.

Teile des Bodens sind verstärkt, damit die Profis beim Gewichtstraining die Hanteln gefahrlos fallen lassen können. Dominik Bittner etwa lädt sich für Kniebeugen 145 Kilo auf. Für ihn sind „schon alleine die Trainingsbedingungen ein Quantensprung“, im Fall des Mannes mit dem markanten Rauschebart auch ein besonderer Faktor: „Ich bin einer, der immer mehr über die Arbeit als über das Talent gekommen ist.“ Und was für ein Unterschied zur alten Anlage, in der die EHC-Profis mangels Platz gruppenweise in den Fitnessraum mussten. Auf dem angejährten Boden rollten die Hanteln immer wieder davon.

Auch die drei Trainingshallen, die sich unterirdisch an die Arena schmiegen, wirken, als würden die Spieler schon morgen mit ihrer Ausrüstung anrücken. Es wird der Bereich sein, in dem sich zukünftig auch die breite Öffentlichkeit auf dem Eis versuchen kann. Die kleinen Münchner Eissportvereine wie die Shorttrack-Hochburg SLIC oder die Eiskunstläufer des MEV werden hier ihre Heimat finden. Und auch der öffentliche Lauf findet hier statt. 8000 Jahresstunden hat die Stadt München angemietet. Übrigens werden Freizeitsportler beim Zugang an einer Glasfront vorbeigeleitet, die den Blick in die Arena eröffnet.

Das soll natürlich auch neugierig machen. Man will die Menschen in die Arena locken. Klar, mit einem Fassungsvermögen von 11 500 Fans beim Basketball und 10 796 beim Eishockey hat man eine Anlage mit fast doppelter Kapazität gegenüber den beiden Vorgängern. Die Halle zu füllen, das ist eine der Hauptsorgen, die die Verantwortlichen umtreibt. Wobei Bittner ahnt: „Die Tribünen sind so steil, da wird die Atmosphäre sicher auch gut, wenn die Halle mal nicht ganz voll ist.“

Projektionsfläche größer als im Stadion

An der angemessenen Präsentation wird es nicht scheitern. Längst sichtbares Prunkstück ist der Videowürfel, der mit 209 Quadratmetern sogar eine etwas größere Projektionsfläche bietet als die beiden Anzeigetafeln der Allianz Arena. Dazu kommen knapp 200 Soundsysteme, die über die Arena verteilt werden. Der frühere EHC-Hallensprecher Stefan Schneider testete die Anlage einmal aus, als vier Systeme hingen. „Und das war schon ein Erlebnis“, berichtete er.

Für Dominik Bittner ist der Blick in die Arena, die übrigens in nur acht Stunden vom Eishockey- in den Basketballbetrieb umgerüstet werden kann und umgekehrt, „pure Vorfreude“. Der Mann, der vor der vergangenen Saison nach Stationen in Mannheim, Schwenningen und Wolfsburg zum damals amtierenden Deutschen Meister in die Nähe seiner alten Heimat wechselte, will möglichst langfristig hier heimisch werden.

Wobei es durchaus sein kann, dass man ihn regelmäßig in einem Bereich vorfinden wird, der im Gegensatz zu der tiefer liegenden Aussichtsterrasse zukünftig alleine Clubangehörigen vorbehalten ist. Auf dem 13 000 Quadratmeter großen Dach nämlich, auf dem die 60 Zentimeter dicke Erdschicht, die dort aufgetragen wurde, bis zum Start noch begrünt wird. Mittendrin sollen Bienenvölker ihre Heimat bekommen. Wenn alles gut geht, wird hier ein eigener „Garden-Honig“ entstehen.

Dominik Bittner meldet beim Rundgang durch den neuen Giganten der Sportwelt spaßeshalber schon einmal Ansprüche an. Honig ist für den EHC-Verteidiger ein bewährter Kraftbringer in den Drittelpausen. „Ich nehme gerne mal einen Löffel“, sagt er, „weil du mit wenig so schnell Zucker in deinen Körper bringen kannst.“

Doch auch dafür ist noch ein bisschen Geduld gefragt. Trainieren wird der EHC im Garden zwar schon ab Anfang August, gespielt wird bis zur Eröffnung aber nur auswärts. Darunter auch in Bad Tölz. Doch das Warten wird sich auszahlen, da ist sich auch Bittner sicher.

„Weil dann alles umso schöner wird.“

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