Polizisten kontrollieren in Paris im Vorfeld der Sommerspiele zwei Fahrradfahrer. © dpa
Paris – Unmittelbar vor dem Start der Olympischen Spiele gleicht Paris einer belagerten Stadt, für Touristen gibt es oft kein Durchkommen mehr. Bewaffnete Soldaten patrouillieren zum Schutz vor Terror und Gefahren, Polizisten sichern Straßensperren, Hubschrauber sind in der Luft und Schnellboote mit Beamten auf der Seine unterwegs. Das in Sicherheitsfragen erprobte Nachbarland setzt auf volle Mobilisierung.
Die Sicherheit ist ein großes Thema für das bereits mehrfach von Terror getroffene Paris. Zehntausende Sicherheitskräfte werden alleine zur heutigen Eröffnung im Einsatz sein. Es gilt die höchste Terrorwarnstufe, Innenminister Gérald Darmanin spricht von einer „extrem hohen“ terroristischen Bedrohung, insbesondere vor den Olympischen Spielen. Immer wieder gab es zuletzt Zwischenfälle – Messerattacken auf einen Polizisten und einen Soldaten, außerdem raste ein Auto in die Terrasse eines Restaurants. Mit Terror und Olympia hatte das aber nichts zu tun.
Allerdings gab es in Zusammenhang mit möglichen Terrorplänen mehrfach Festnahmen. Ende Mai vereitelten Ermittler Pläne für einen islamistischen Anschlag auf ein Fußballspiel während der Spiele im südfranzösischen Saint-Étienne. Und kürzlich verkündete der Innenminister weitere Festnahmen. Aufschrecken ließ auch die Festnahme eines russisch-ukrainischen Mannes in einem Hotel in Flughafennähe, der sich bei der Explosion eines selbst gebauten Sprengsatzes schwer verletzte.
Das weltweit agierende Intelligence-Unternehmen Recorded Future warnte, „die Anhänger des Islamischen Staates (IS) und der Al-Qaida in Europa beabsichtigen mit ziemlicher Sicherheit, die Olympischen Spiele in Paris anzugreifen“. Aufgrund der hohen Sicherheitsvorkehrungen und der höchsten Terrorstufe seien erfolgreiche Anschläge aber unwahrscheinlicher geworden.
Tatsächlich hat sich Frankreich maximal gerüstet. Neben den zehntausenden Polizisten hat die Armee in Paris ein Lager für 4500 Soldaten eingerichtet. Während der gesamten Olympischen Spiele mobilisieren die Streitkräfte insgesamt 15 000 Soldaten. Dazu kommen Sicherheitskräfte aus anderen Ländern, die teils zum Schutz der eigenen Sportler anreisen. Für Aufsehen sorgten in Paris bereits Polizeifahrzeuge aus Katar und Beamte aus dem arabischen Land, die mit französischen Kollegen in der Metro auf Patrouille gingen. Spezialkräfte der Luftwaffe sind außerdem bereit, Drohnen unschädlich zu machen.
Um die Bewegungen der Millionen Besucher zu überwachen, soll in Paris in begrenztem Umfang auch eine auf Künstlicher Intelligenz basierende Videoüberwachung eingesetzt werden. Die Auswertung von Kamerabildern mit intelligenter, algorithmusbasierter Technik soll es erlauben, das Eindringen von Personen in sensible Bereiche zu erkennen, ebenso Bewegungen von Menschenmengen in Risikobereichen und herrenlose Gepäckstücke. Eine Gesichtserkennung über die Kameras wird es nicht geben.
Auch auf Hacking- und Cyberattacken bereiten sich die Behörden vor. Recorded Future nennt in seiner Bedrohungs-Analyse als staatliche Akteure von Cyberattacken neben Russland auch Iran und Aserbaidschan. Das Land am Kaukasus hat Frankreich im Visier, weil Paris Armenien im Konflikt mit Aserbaidschan um die Region Berg-Karabach unterstützt.
In Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und dem Nahost-Konflikt erwartet Recorded Future Cyberattacken auf die Olympischen Spiele, weil sich Aktivisten die internationale Aufmerksamkeit zunutze machen wollten. Gruppierungen mit Verbindungen zur iranischen Regierung seien in der Lage, Hackerattacken mit schwerwiegenderen Auswirkungen zu verüben. Bereits vor zwei Jahren begann Frankreichs Cybersicherheitsbehörde mit der Erstellung einer Strategie zur Abwehr solcher Attacken.
MICHAEL EVERS