Das denken die Menschen in Litauen über die Brigade

von Redaktion

In Vilnius herrscht keine Vorkriegsstimmung – trotzdem wünschen sich die Menschen Unterstützung aus dem Westen

„Putin, Den Haag wartet auf dich“, steht auf einem riesigen Transparent an einem Hochhaus in Vilnius. © dpa

Vilnius – Geht man an diesen Tagen durch die Straßen in Vilnius, scheint ein baldiger Krieg in weiter Ferne zu liegen. Nur wenige Menschen glauben, dass russische Truppen in den baltischen Staat einmarschieren werden. Trotzdem halten viele die Panzerbrigade von knapp 5000 Soldaten für notwendig. Martynas ist IT-Experte und lebt mit seiner Familie in einem Vorort und sitzt nun frühmorgens am Fenster einer litauischen Kaffeehaus-Kette im Norden der Stadt. „Wir brauchen die deutschen Truppen zur Abschreckung“, erklärt er mit fester Stimme. Die Bevölkerung verlange die Gewissheit, dass sie im Falle eines Krieges nicht alleine dastehe, meint er.

Laut Umfragen im Dezember 2023 sind 85 Prozent der Litauer überzeugt davon, dass die deutsche Brigade die eigene Sicherheit stärken würde. Deswegen wünschten sich auch viele, dass die Brigade möglichst zügig im Land stationiert werde, erklärt Martynas. „Wir kennen Putin. Wir kennen seine Taktik und seine Propaganda“, sagt er. Der 45-Jährige warnt, dass die Bedrohung der baltischen Staaten schon längst Realität sei. Bereits jetzt führe Putin einen Desinformationskrieg, greife das Baltikum regelmäßig mit Cyberattacken an.

Putin habe bei seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine Anfang 2022 klargemacht, dass man ihn nicht unterschätzen darf. „Putin ist nicht mehr zu stoppen“, warnt Martynas. Trotzdem bleibt er optimistisch. Er ist erleichtert, dass die deutschen Truppen nach Litauen kommen – und bedauert zugleich, dass die westlichen Staaten nicht schon früher eingeschritten sind.

Auf die Frage, ob er selbst zur Waffe gegen Russland greifen würden, antwortet er prompt: „Ich habe einen Waffenschein gemacht und trage nun selbst eine Waffe“. Im Ernstfall möchte er sich und seine Familie verteidigen können.

Dann zeigt er auf einen Bürokomplex. In großen Lettern steht dort geschrieben „Putin, The Hague is waiting for you“ (Putin, Den Haag wartet auf dich). „Das ist die Stimmung bei uns“, so Martynas. Die Leute wollten Putin gegenüber keine Angst zeigen, sondern ihn zur Rechenschaft ziehen.

Martynas hat keine Sorge vor einem Einmarsch der Russen. Die 60-jährige Gabriela hingegen schon. An diesem Nachmittag steht die Litauerin in ihrem Second-Hand-Laden im Stadtzentrum von Vilnius und blickt auf einen kleinen Platz mit einem Springbrunnen. Menschen sitzen hier in Cafés, manche sind in Bücher vertieft. Gabriela erzählt vom schönen, ruhigen Leben in Vilnius, erinnert sich aber auch an die Zeiten der Sowjetunion. „Ich möchte dahin nicht mehr zurück“, sagt sie und runzelt besorgt die Stirn.

Im Kriegsfall könnte Litauen nicht allein gegen die Russen bestehen. Für sie wäre das Scheitern der Brigade eine Katastrophe.
SABRINA PROSKE

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