Riem im Rampenlicht der Pop-Welt

von Redaktion

Adele, einer der größten Popstars des Planeten, kommt in die Messestadt Riem. Zehn Shows gibt die Sängerin in München, hunderttausende Fans werden erwartet. Um die extra für Adele errichtete Arena rüsten sich die Anwohner für das Spektakel – doch nicht alle sind von dem Event begeistert.

Tankstellen-Betreiber Günter Kruse (zweiter von links) und sein Team vor dem Party-Bus. © Yannick Thedens

In der Messestadt Riem ist eigens für Adele eine Arena errichtet worden. © Frank Hoermann / SVEN SIMON/Picture Alliance

Der britische Popstar Adele spielt insgesamt zehn Shows in München – hunderttausende Fans werden zu den Konzerten erwartet. © Picture Alliance

Paul Schmidt wird bei den Konzerten als Platzanweiser arbeiten – sein erster Job im Show-Geschäft. © Yannick Thedens

Enver Retzep Oglou will sich das Spektakel vom nahen Rodelhügel aus ansehen. © Yannick Thedens

München – Oben vom Hügel nebenan aus wirkt es so, als sei ein Ufo von einem fernen Pop-Planeten in der Riemer Prärie gelandet. Schwarze Wände ragen zwischen Baumwipfeln hervor, 17 Meter hoch. Dahinter eine 220 Meter breite Video-Leinwand, eine 200 Meter breite Bühne, ein 93 Meter langer Laufsteg. Ein schwarzer Koloss, 40 000 Quadratmeter groß. Ein Mekka für knapp 80 000 Pop-Fans. Die Adele-Arena. Ein eigens errichteter Palast für die Pop-Königin aus England. Rund 750 000 Fans werden ab morgen in den nächsten Wochen hierher pilgern: Zehn Shows spielt Adele im August in München.

„Das ist echt alles größenwahnsinnig“, sagt Emver Retzep Oglou (19). Der junge Mann, der ganz in der Nähe wohnt, steht auf dem Riemer Rodelhügel, rund einen Kilometer von der Adele-Arena entfernt. Er blickt durch seine Sonnenbrille auf den schwarzen Koloss in der Ferne. Und dann: Der gigantische Bildschirm in der Arena flackert rot auf. Ein Testlauf.

Retzep Oglou kennt das bereits: „Die Proben sind echt irre: die Lichter in der Nacht, der Soundcheck, wir hören alles extrem laut“, sagt Retzep Oglou. Seine Begleiterin Irem Cil (18) nickt: „Ich kann kaum einschlafen“, sagt sie. Für Anwohner sei das nicht immer ganz einfach. Dennoch: Dass einer der größten Popstars des Planeten ausgerechnet die Messestadt beehrt: „Das ist Wahnsinn“. Riem im Rampenlicht der Pop-Welt.

Der Stadtteil rüstet sich schon seit Wochen für die Mega-Show. Und viele hoffen, davon zu profitieren: Die Stadt rechnet mit Einnahmen von rund einer halben Milliarde Euro, allein 369 Millionen für das Gastgewerbe: „Da bleibt einiges übrig für München“, sagt Stefan Ziegler (CSU), der Bezirksausschuss-Chef von Trudering-Riem. Adele, ein Wirtschaftsfaktor.

Alleine am Aufbau der Arena werkeln im Vorfeld rund 700 Arbeiter. Schwere Lastenwagen und Transporter rollen noch Tage vor den Shows im Minuten-Takt durch die Einfahrten zwischen den Absperrzäunen, bringen Material. Die Zäune selbst sind mit schwarzem Sichtschutz behangen. Darauf in großen Lettern: „ADELE IN MUNICH“. Drumherum patrouillieren Sicherheitsmitarbeiter in Warnwesten. Sie bewachen das Areal: „Einige haben schon versucht, in das Gelände zu klettern: Wir mussten die dann aufhalten und am Boden fixieren“, sagt ein Security-Mitarbeiter. Die Baustelle um die Adele-Arena wirkt wie ein Hochsicherheitstrakt, eine Geheimdienstzentrale.

Wer über den Zaun hinweg die Arena fotografieren will, wird von den Sicherheitsmitarbeitern ermahnt: „Es kommen wirklich wahnsinnig viele Schaulustige, die Fotos machen wollen“, sagt eine Security-Frau. Sie könne das durchaus verstehen: „So etwas hat München zuvor ja noch nicht gesehen – das ist ja irre.“ Doch Vorschrift sei Vorschrift.

Der Trubel rund um Konzerte und Aufbau sorgt im Bezirk jedoch nicht nur für Freudenstürme, sagt BA-Chef Stefan Ziegler. Der Aufbau verlange den Anwohnern einiges ab, laut und quirlig sei er. Hinzu kommen die Straßensperrungen während der Shows und die tausenden Fans rund um das Gelände. Die SPD im Rathaus warnte bereits vor einem Verkehrschaos an den Konzerttagen. „Klar, ist das ärgerlich – doch viele freuen sich auch auf den Weltstar im eigenen Stadtteil“, sagt BA-Chef Ziegler. Und der Bezirk profitiere ebenfalls enorm.

Ein Beispiel dafür ist Paul Schmidt (18), der ganz in der Nähe lebt. Er wird nämlich als Platzanweiser in der Adele-Arena arbeiten – der erste Job dieser Art für ihn: „Geld verdienen und dann auch noch Adele hören, das wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen“, sagt er. Ein Traum-Nebenjob. Er hatte sich gleich beworben. „Das ist schon echt was Besonderes.“

Auch ein kleines Bäckerei-Café in der Nähe der U-Bahn-Station Messestadt rechnet mit einem enormen Andrang: „Wir kennen das ja schon von Helene Fischer – das war Action pur“, sagt Mitarbeiterin Ramona Weck (62). Damals seien einige Fans schon in den frühen Morgenstunden aufgeschlagen.

Und auch Tankstellen-Betreiber Günter Kruse hofft auf Scharen an Adele-Fans. Er hat gleich einen Party-Bus anrollen lassen. Ein nachtblaues Oldtimer-Modell, an den Disco-Lichter montiert sind. Kruse hat ihn auf dem Gelände seiner Aral-Tanke aufstellen lassen, nur etwa eine Straßenbreite von der Adele-Arena entfernt. Die Zuschauer sollen sich hier nach den Shows amüsieren können: „Mit Cocktails und Currywurst“, sagt Kruse. „Und natürlich mit Musik. Wir hoffen, dass hier bis in die Nacht rein durchgefeiert wird.“ Er habe für die Adele-Party extra zigtausend Flaschen und Dosen eingekauft, sagt Kruse. Sein ganzes Lager steht voller Kästen und Kisten. Hinzu kommen mehrere 100 Kilo Leberkäse. „Ganze elf Sorten“, ergänzt seine Frau Cindy Senfleben.

Die beiden Tankstellen-Chefs haben vorgesorgt – nach den Konzerten von Helene Fischer, Robbie Williams und Andreas Gabalier in den vergangenen Jahren sind sie mittlerweile Show-erprobt. Seit den ersten Mega-Konzerten in der Nachbarschaft stellte das Paar sogar einen Security-Mann ein: „Die Konzertbesucher haben damals einiges bei uns geklaut“, sagt Kruse. Der Sicherheitsmitarbeiter soll das jetzt verhindern. Die Shows sollen ja schließlich ein Plus einbringen. „Ich rechne mit deutlich mehr Umsatz“, sagt Günter Kruse. Er hofft nur, dass seine Tankstelle für die Konzertgäste gut zugänglich bleibt.

Und auch viele Anwohner werden sich während der Shows rund um die Arena tummeln – Anlieger Emver Retzep Oglou (19) will sich das Spektakel mit Freunden von dem Rodelhügel im Riemer Park aus ansehen, wenn er schon keine Karte hat: „Das wird sicher beeindruckend, vor allem das Feuerwerk“, sagt er. Und auch wenn er von der Bühne nichts sehen wird, sie ist zu weit weg – die Aura von Adele wird durch die Messestadt wehen. Hello, Superstar.

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