Italien ächzt unter extremer Hitzewelle

von Redaktion

Auch der Fanaco-See im Süden Siziliens, aus dem Trinkwasser gewonnen wird, ist nur noch ein größerer Tümpel. © Medichini/dpa

Hitzewelle auch in Rom: Die Menschen schützen sich mit Schirmen und suchen Abkühlung an den Brunnen. © Borgia/dpa

Italien schwitzt: Die Karte zeigt die für heute angesagten Temperaturen in den großen Städten. © Grafik: MM

Touristen am Strand von Porto Empedocle auf Sizilien. Die Insel leidet unter einer verheerenden Dürre, das Wasser ist streng rationiert. © Andrew Medichini/dpa

München/Rom – Wer ins Ausland fährt, kann sich über den Internet-Auftritt des Auswärtigen Amtes informieren. Nicht nur darüber, was man an Formalien zu beachten hat, sondern auch über Gefahren. Italien gehört eigentlich nicht zu den Ländern großer Besorgnis, aber aktuell sind Mittel- und Süditalien von einer starken Hitzewelle betroffen, die vor allem in den großen Städten Einheimischen und Touristen schwer zu schaffen macht.

Das Auswärtige Amt weist auf diese Extremwetterlage hin: „In den mittleren und südlichen Regionen Italiens, insbesondere auf Sizilien, herrscht aufgrund der aktuellen Wetterlage sowie ausbleibender Regenfälle bereits seit einigen Wochen erheblicher Wassermangel, es gelten Dürre-Warnungen der Stufe rot (höchste Warnstufe) für Sizilien sowie orange (zweithöchste Warnstufe) für die Regionen Marken, Latium, Umbrien, Abruzzen, Molise, Apulien, Kampanien, Kalabrien, Basilikata sowie für Sardinien“, heißt es dort.

Auf manchem Online-Portal war gestern sogar von einer Reisewarnung die Rede. Ganz so schlimm ist es freilich nicht. Reisewarnungen spricht das Amt für Länder aus, in denen Leib und Leben etwa durch Krieg, Kriminalität, Terrorismus oder eine Pandemie bedroht sind. In Italien ist es nur extrem heiß, es handelt sich also um einen Reisehinweis.

Römer flüchten ans Meer oder in die Berge

Dennoch: Die Hitzewelle ist in Italien ein großes Thema. Auch in der Toskana glüht es, in Florenz soll das Thermometer am Wochenende auf bis zu 38 Grad klettern. In Norditalien schwitzt man dieser Tage ebenso. Dort herrscht wegen starker Regenfälle in den vergangenen Monaten aber noch keine Alarmstufe. Die Antwort der Italiener auf Hitzewellen im Sommer ist: Strandurlaub oder Rückzug ins Gebirge. Bei vielen römischen Familien ist die nahe Bergregion Abruzzen beliebt. Auch wenn es dort untertags heiß werden kann, kühlt es nachts immer ab. Wer kann, der ergreift aus Rom die Flucht. „L‘afa“, die oftmals nur schwer erträgliche Schwüle, ist in der Hauptstadt in aller Munde.

Trotzdem sind Touristen in der Stadt, zum Beispiel Alvaro Garcia aus Spanien, der mit Begleitung schwitzend vor dem Kolosseum steht und berichtet: „Wir trinken so viel Wasser wie möglich und versuchen, uns im Schatten zu bewegen.“ Besucher aus aller Welt laufen mit Sonnenschirmen durch die Stadt, die meisten bestückt mit der obligatorischen Halbliter-Wasserflasche, deren Plastikverpackung beim Trinken wie eine Art Sommergeräusch knarzt. Sehr beliebt sind die vor vielen Lokalen aufgestellten Ventilatoren, die gleichzeitig einen kühlenden Wassernebel versprühen.

An den berühmten Trinkwasserbrunnen Roms, den nasoni (große Nasen), bilden sich zuweilen Schlangen und in den letzten Wochen haben die Einlieferungen kollabierter Touristen in die Notaufnahmen um zehn Prozent zugenommen. Wie Giulio Maria Ricciuto, Vorsitzender des Landesverbandes Latium der italienischen Gesellschaft für Notfallmedizin, erklärt, ist Flüssigkeitsmangel ein großes Problem, oft gepaart mit Vorerkrankungen. „Vor allem Herzpatienten sind betroffen und Menschen mit Atemwegserkrankungen“, erklärt der Arzt. Es komme dieser Tage auch häufiger zu von der Hitze ausgelösten Herzrhythmusstörungen. Das und ein Mangel an Mineralstoffen könne auch zur Ohnmacht führen.

Gefährlich werden manchen Urlaubern auch Klimaanlagen. Es habe Fälle gegeben, berichtet Ricciuto, bei denen Urlauber Zuflucht in eisgekühlten Bars suchten, sich dort dann aber schwer erkälteten. Auch Fälle von Gastroenteritis seien vermehrt aufgetreten. Das habe vermutlich auch mit den hohen Temperaturen und mit Lebensmitteln zu tun, die in der Sonne verderben. „Und natürlich sieht man sehr viele Menschen mit Sonnenbrand in der Stadt. Aber da hilft der Gang in die Apotheke“, sagt der Arzt.

Experte: Sizilien verwandelt sich bis 2050 in eine Wüste

Dramatisch war die Lage lange auf Sizilien, vor allem für die Landwirtschaft. Am Montag gab es kurzzeitig Entwarnung, ein starker Wolkenbruch füllte den austrocknenden Pergusa-See bei Enna, Siziliens einziges natürliches Süßwasser-Reservoir, wieder teilweise auf. In manchen Gegenden der Insel hatte es zuvor fast zwölf Monate nicht geregnet. Allerdings hilft Starkregen den trockenen Böden kaum, zudem handelt es sich bei den jüngsten Regenfällen wohl um ein außerordentliches Ereignis.

„Ein Drittel der landwirtschaftlichen Fläche Siziliens wird sich bis zum Jahr 2030 in Wüste verwandeln“, sagte Christian Mulder, Ökologie-Professor an der Universität Catania im Sender Rai 3. Bis 2050 sollen sogar zwei Drittel der Ackerflächen betroffen sein. „Wir befinden uns in einem tiefgreifenden Wandel“, betonte Mulder. „Das betrifft nicht nur die Erhöhung der Temperaturen, sondern auch den zunehmenden Mangel an Regenfällen.“

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