Krisen und Kriege: Am Himmel wird es eng

von Redaktion

Russland, Ukraine und Naher Osten: Die Sperrungen von Lufträumen sorgen für Umwege und Verspätungen

Große Umwege: Die Lufthansa muss nicht nur Russland umfliegen. Der Rückflug aus Japan dauert 14 Stunden. © Roessler/dpa

München – Die Meldungen reißen nicht ab: Die Lufthansa hat ihre Flüge nach Tel Aviv, Beirut, Amman, Erbil und Teheran nun bis 13. August ausgesetzt. Iran und Irak werden nicht mehr überflogen. Verlängerung nicht ausgeschlossen. Andere Fluggesellschaften handhaben die Bedrohung durch den Konflikt im Nahen und Mittleren Osten ähnlich. Die vermeintlich grenzenlose Freiheit über den Wolken wird immer mehr eingeschränkt.

Denn seit dem Überfall auf die Ukraine und der Aussperrung russischer Flugzeuge aus dem europäischen Luftraum ist umgekehrt neben der Ukraine auch Russland für westliche Airlines tabu. Das betrifft nicht nur Flüge in diese Länder. Auch Überflüge sind nicht mehr möglich. Das macht Reisen nach China, Korea und Japan deutlich zeitraubender. Der noch nutzbare Korridor wird enger. Und die Ausweichstrecke über die Türkei, den südlichen Kaukasus und Kasachstan ist nicht so günstig, wie es auf den ersten Blick aussieht.

Viele Menschen denken, die Route entlang von Breitengraden sei die kürzeste Verbindung zwischen Start und Ziel – etwa bei Transatlantikflügen. Das ist falsch. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten liegt auf einem Großkreis. Den muss man sich als Rand einer Scheibe vorstellen, die den Start- und den Zielflughafen sowie den Erdmittelpunkt schneidet. Deshalb führen viele Flüge zwischen Europa und Nordamerika weit in den Norden über Island und Grönland. Manchmal ist aber auch eine andere Route besser: Wenn der Jetstrom – das sind schnelle Höhenwinde – im Rücken ein schnelleres und energiesparendes Vorankommen ermöglicht.

Es ist also eine komplizierte Sache, wenn ein riesiger Landriegel wie Russland viele Wege versperrt. Vor allem Flüge nach Fernost, sind betroffen. Derzeit hangeln sich die Flugzeuge südlich an Russland vorbei auf einer keineswegs idealen Route durch Asien – oft mit wesentlich längeren Flugzeiten.

Während beim Flug nach Tokio der Jetstream die Route südlich von Russland ermöglicht, dauert der Rückflug nun 14 Stunden, wie ein Lufthansa- Sprecher gegenüber unserer Zeitung bestätigt. Der Flieger nimmt – wie bereits im Kalten Krieg – die Route über Alaska und das Nordpolargebiet. Das ist für Flugzeuge wie den Airbus A350 eine besondere Herausforderung. Um für die zweimotorige Maschine die Genehmigung für diese Strecke zu erhalten, mussten laut Lufthansa Ausweichflugplätze gefunden werden. Immerhin schafft der Flieger selbst diese Strecke ohne zusätzlichen Tankstopp. Dennoch steigt der Spritverbrauch – und verschlechtert damit die Klimabilanz pro Flug. Da aber viele Flüge gar nicht mehr stattfinden, ist die Auswirkung aufs Klima global schwer zu bilanzieren.

Der Weg nach Südostasien und Australien ist davon nicht betroffen. Deren günstigste Route führt ohnehin über Ägypten und Saudi-Arabien oder einige Nachbarländer.

Während neben der Lufthansa auch andere europäische Airlines ihre Flüge nach Israel oder Libanon gestrichen haben, ist bei den Golf-Gesellschaft von Einschränkungen nichts zu hören. Ohnehin gehören Qatar oder Emirates wie auch Turkish Airlines zu den Gewinnern, weil die Fernflüge über ihre eigenen Knotenpunkte führen und damit den russischen und ukrainischen Luftraum auf Asien-Routen kaum berühren. Ein eskalierender Konflikt in Nahost könnte das ändern, weshalb die entsprechenden Länder auch ein Eigeninteresse an einer Eindämmung des Konflikts haben.
MARTIN PREM

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