Sprühregen gegen die Hitze in Wien. © Imago
An dem Bau des begrünten Hotels in Singapur war die deutsche Architektin Schirin Taraz beteiligt. © Svensson/Imago
München – Gegen das Glühen der Innenstädte gehen Metropolen ganz unterschiedliche Wege. Die Ideen reichen von kurzfristigen Lösungen wie öffentliche Nebelduschen bis hin zu langfristig neu angelegten grünen Lungen. Hitzekonzepte aus nah und fern.
■ Wien
Österreichs Hauptstadt setzt beim Hitzeschutz vor allem auf mehr Parks und Bäume. 400 000 Quadratmeter Park sollen bis 2025 um- aber auch neugestaltet werden. Allein von 2021 bis 2022 wurden laut Stadt 78 Park-Projekte angegangen. In Wien sollen außerdem 25 000 neue Bäume bis 2025 das Stadtbild grüner und schattiger machen. Dort, wo keine Bäume gepflanzt werden, sollen laut Stadt „Asphaltflächen aufgebrochen und bepflanzt“ werden. Hat es länger über 27 Grad, sorgen in Wien über 300 Nebelduschen zusätzlich für Abkühlung. Jede kleine und große Maßnahme helfe, um die Hitzebelastung für Bewohner zu senken, sagt Regina Vetter, freiberufliche Hitzeschutz-Expertin, die viele Jahre als Managerin bei „Cool Cities Network“ gearbeitet hat. Allerdings: „Sprühduschen sollen natürlich mit dem allgemeinen Wasserhaushalt der Stadt abgewogen werden“, erklärt die Hitze-Expertin. „Zum Beispiel hat die an Wasser knappe Stadt Kapstadt mehrere Sprühspielplätze für Kinder eingerichtet, die viel weniger Wasser als etwa Schwimmbäder verbrauchen.“
■ Singapur
Der Stadtstaat Singapur in Südostasien hat schon seit seiner Gründung in den 1960er-Jahren die Hitzeschutz praktisch in der DNA. Bei einer Jahresdurchschnittstemperatur von rund 27 Grad Celsius muss das Herunterkühlen in der Stadtplanung immer mitgedacht werden. „Singapur hat durch das tropisch-heiße Klima in der Stadt schon vor vielen Jahren angefangen, sich Gedanken zu Hitzeschutz zu machen“, erklärt Expertin Regina Vetter. „Deutsche Städte starten damit gerade und können sich daher hier viel von anderen internationalen Städten abschauen.“
Singapur setzt vor allem auf Grün: 400 Grünanlagen, 20 Naturparks, vier Naturschutzgebiete: Es ist die Vision einer großen Gartenstadt. 2019 gab es sogar ein dreimonatiges Projekt, bei dem nicht nur Dächer von Bushaltestellen, sondern auch die der Busse bepflanzt wurden. Hinzukommen begrünte Fassaden, luftige Neubauten und Hochhäuser mit integrierten Etagengärten. Möglich machten das auch deutsche Architekten. Bis 2030 will Singapur noch grüner werden und eine Million weitere Bäume pflanzen.
■ Medellín
Die einstige Drogenkartellstadt ist beim Hitzeschutz eine echte Musterschülerin. Seit 2019 hat die Großstadt in Kolumbien 30 sogenannte grüne Korridore. Mithilfe von 8300 Bäumen und über 350 000 Pflanzen wurde ein 20 Kilometer langes, miteinander verbundenes Netz an schattigen Grünflächen errichtet. Dort hat sich die Temperatur um zwei bis drei Grad verringert und die Luftverschmutzung ging deutlich zurück.
Vetter sieht darin „auch ein interessantes Konzept für deutsche Städte“. Denn diese Korridore haben auch weitere Vorteile, wie „Gesundheitsschutz durch weniger Hitze, mehr aktive Mobilität der Bewohner durch beschattete Fuß- und Radwege, bessere biologische Vielfalt und auch Stadtverschönerung.“
LEONIE HUDELMAIER