Berlin – Nach dem Anschlag in Solingen haben die politischen Debatten Fahrt aufgenommen. Zum einen geht es um schärfere Messerverbote und mehr Kompetenzen für die Polizei bei Kontrollen. Zum anderen um die Gefahren durch Islamisten in Deutschland und eine schnellere Abschiebung.
SPD-Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte bereits vor Solingen eine Gesetzesvorlage zur Ausweitung von Messerverboten angekündigt. Dass die Tat mit drei Toten durch schärfere Verbote zu verhindern gewesen wäre, ist aber nach Ansicht der Polizei fraglich. „Wir müssen die Debatte über die zunehmende Messergewalt von der Debatte über die Tat in Solingen trennen“, sagte der Vorsitzende des Bunds Deutscher Kriminalbeamter, Dirk Peglow. „Der Täter hätte sich von Messerverbotszonen und einem generellen Messerverbot nicht aufhalten lassen. Er hat den bisherigen Erkenntnissen zufolge gewusst, was er tut.“ Der Großteil von Vorfällen von Messergewalt in Deutschland finde im Affekt statt, weil Auseinandersetzungen eskalierten. Peglow pocht auf Messerverbotszonen, in denen die Polizisten gezielt nach Messern suchen dürfen. Und auf eine Debatte über ein generelles Messerverbot im öffentlichen Raum.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) hält die Verbote-Debatte ohnehin für zu kurz gegriffen. „Wenn wir mit dem Thema Messer weiterkommen wollen, reicht es, glaube ich, nicht aus, sich nur mit dem Tatmittel, also dem Messer, zu beschäftigen. Sondern wir müssen uns vielmehr mit den Tätern beschäftigen und fragen: Wer ist warum mit diesem Messer unterwegs?“, sagte er in den ARD-Tagesthemen.
CDU-Chef Friedrich Merz stellte am Wochenende erneut die Migrationspolitik der Ampel-Regierung an den Pranger und forderte eine Kehrtwende. Die Mehrzahl der Messerattacken werde durch Flüchtlinge verübt und in der Mehrzahl stünden „islamistische Motive dahinter“, schrieb Merz in einer E-Mail an Bundeskanzler Olaf Scholz, aus der die „Bild“-Zeitung am Sonntag zitierte. Merz bot Scholz in der Mail eine Zusammenarbeit bei einer Verschärfung der Migrationspolitik an. Sollte es dafür in der Ampel keine Mehrheit geben, müsse Scholz von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und die Abstimmung im Bundestag über die notwendigen Gesetze freigeben.
Die CSU im Bundestag legte am Sonntag einen Fünf-Punkte-Plan vor. „Das Sicherheitsinteresse unserer Gesellschaft muss oberste Prämisse sein und nicht der Schutz von Kriminellen und Gefährdern“, sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt unserer Zeitung. „Dafür braucht es einen Knallhart-Kurs mit konsequenten Abschiebungen, Aufenthaltsverboten, Passentzug und Abschiebehaft.“ Ausreisepflichtige Straftäter müssten zeitlich unbegrenzt in Ausreisegewahrsam genommen werden können. Wer als Flüchtling im Urlaub in seine Heimat reise, müsse sein Aufenthaltsrecht in Deutschland zwingend verlieren. Und: Die von der Ampel eingeführte Expresseinbürgerung bereits nach drei Jahren Aufenthalt müsse gestoppt werden.
Die Deutsch-Israelische Gesellschaft bezeichnete am Sonntag die bisherige Islampolitik als gescheitert. Sie nehme zu viel Rücksicht auf Funktionäre ausländisch gesteuerter und islamistischer Verbände, sagte Präsident Volker Beck.
Faeser kündigte eine Bekämpfung des Islamismus „mit aller notwendigen Härte“ an. „Wir beraten intensiv, welche Instrumente wir zur Bekämpfung von Terror und Gewalt weiter schärfen müssen und welche Befugnisse unsere Sicherheitsbehörden in diesen Zeiten brauchen, um unsere Bevölkerung bestmöglich zu schützen.“ Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) sprach von „politischen Konsequenzen“, die nun umzusetzen seien. Die Sicherheitsbehörden müssten so ausgestattet sein, dass sie islamistischen Terror bekämpfen können.
WHA, DPA, EPD