München – Prof. Dr. Beate Schultz-Zehden ist Medizinpsychologin und Expertin für Frauengesundheit. Sie hat lange an der Berliner Charité die psychologische Beratung in der Kinderwunschsprechstunde betreut.
Frau Schultz-Zehden: Gibt es beim Thema Leihmutterschaft überhaupt einen „einfachen Weg“?
Sicherlich nicht. Die Leihmutterschaft wirft eine Reihe ethischer, rechtlicher und praktischer Fragen auf. Selbst in altruistisch angelegten Modellen birgt sie ein Potenzial für Missbrauch und Langzeitfolgen.
In anderen Ländern scheint es aber doch eine größere Normalität zu sein.
Die Leihmutterschaft wird bei uns medizinisch, ethisch und psychosozial sehr kontrovers diskutiert. Zum einen, weil die Leihmutterschaft in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz von 1990 rechtlich verboten ist. Zum anderen gibt es eine recht aufgeheizte Debatte um die reproduktive Selbstbestimmung und ihre Grenzen.
Welche Vorteile sehen Sie in der altruistischen Leihmutterschaft?
Trotz aller Erfolge der Reproduktionsmedizin können manche Paare aus unterschiedlichen Gründen nicht schwanger werden. Auch homosexuelle Paare haben oftmals einen Kinderwunsch. Selbst wenn es kein Recht auf ein Kind gibt, besteht nun aber in der Praxis technisch die Möglichkeit, mit einer Leihmutter ein Kind zu bekommen.
Können Sie sich in die Nöte der Wunscheltern hineinversetzen?
Aus meiner Arbeit an der Berliner Charité weiß ich, wie hoch der Leidensdruck nach erfolgloser reproduktionsmedizinischer Behandlung bei den betroffenen Paaren sein kann. Infertilität wird von vielen Betroffenen als sehr belastend empfunden.
Sind Wunscheltern Eltern, die besonders engagiert sind?
Für die Eltern geht mit der Leihmutterschaft ein lang ersehnter Wunsch in Erfüllung. Da ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Kindeswohl und die gute Entwicklung des Kindes für das Paar immer vorrangig bleiben.
Und wenn Leihmutterschaft doch verboten bleibt?
Studien haben gezeigt, dass die meisten Paare langfristig die Situation der Unfruchtbarkeit bewältigen und in ihrem psychischen Wohlbefinden später nicht mehr beeinträchtigt sind. Sie können lernen, die Paarbeziehung neu zu definieren – ohne Kind. Einige Paare bemühen sich aber auch intensiv um ein Pflegekind oder ein Kind zur Adoption.
Die Kommission empfiehlt unter anderem, dass zwischen Leihmutter und Wunscheltern von Anfang an ein enges freundschaftliches oder verwandtschaftliches Verhältnis bestehen sollte, und spricht auch von einer ‚Aufwandsentschädigung‘ für die Leihmutter.
Eine angemessene Aufwandsentschädigung wäre wichtig. Sie sollte nicht nur die tatsächlichen finanziellen Aufwendungen und Erwerbseinbußen berücksichtigen, sondern auch die körperlichen und psychischen Belastungen. Ein weiterer Punkt wäre für mich das Recht einer Leihmutter, Auskunft über die persönlichen Verhältnisse des Kindes zu erhalten – soweit dies dem Wohl des Kindes nicht widerspricht.
Welche Probleme sehen Sie bei einer Aufwandsentschädigung?
Wie lässt sie sich angemessen beziffern? Die Leihmutter ist Strapazen ausgesetzt, es gibt gesundheitliche Risiken und Einschränkungen bei einer Schwangerschaft. All das nehmen Leihmütter für andere auf sich. Manche psychischen Probleme ergeben sich auch erst im Nachhinein.
Wenn Leihmutterschaft zumindest teilweise legal würde, bräuchte es für alle Beteiligten professionelle Unterstützung.
Dafür müssten erst noch spezialisierte Einrichtungen gegründet werden, die die Organisation des Verfahrens sowie die Begleitung und Beratung der beteiligten Parteien übernehmen. So, wie die Bundeskommission es fordert.
Wie beurteilen Sie die Empfehlung der Bundeskommission?
Ich teile die Empfehlung der Bundeskommission. Für den Fall der Zulassung der altruistischen Leihmutterschaft ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Zahlreiche Bedingungen müssen sichergestellt sein. Der umfangreiche Bericht, an dem namhafte Wissenschaftler mitgearbeitet haben, muss jetzt gründlich ausgewertet werden.