Experte: BSW droht Realitätsschock

von Redaktion

BSW-Kandidat Robert Crumbach und Co-Parteichefin Amira Mohamed Ali treten in Berlin auf. © AFP

Berlin – Die Namensgeberin selbst war nicht da, als beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Potsdam gefeiert wurde: Sahra Wagenknecht hatte alle Termine am Sonntag kurzfristig abgesagt, wegen einer Erkrankung. Die Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali übernahm die repräsentative Rolle auf der Wahlparty. Grund zum Jubeln hatte das BSW dort reichlich: Mit fast 14 Prozent der Stimmen zieht die Partei in den Landtag von Potsdam ein. Das ist der vierte Parlamentseinzug seit Gründung der jungen Partei nach der Europawahl, Sachsen und Thüringen. „Das ist eine beispiellose Erfolgsgeschichte, die man anerkennen muss“, sagte der Politikberater Johannes Hillje im Gespräch mit unserer Zeitung.

„Womöglich hat das BSW sogar Chancen auf eine Regierungsbeteiligung in Brandenburg. Damit ist die Partei ein Machtfaktor geworden“, so Hillje. Dietmar Woidke, der Ministerpräsident, dessen SPD knapp als stärkste Kraft aus der Brandenburg-Wahl hervorgegangen war, würde zwar gern Gespräche mit der CDU führen wollen. Eine rot-schwarze GroKo hätte jedoch keine eigene Mehrheit. Die CDU ziert sich deshalb. Die Grünen, bisherige Koalitionspartner, haben es nicht erneut in den Landtag geschafft. Falls SPD und CDU eine Minderheitsregierung vermeiden wollen, können sie das junge BSW nicht ignorieren.

Das Problem mit den Kompromissen

Doch der BSW-Erfolg könnte Risiken für Sahra Wagenknecht bergen, sagt Hillje. „Auf Landesebene mitzuregieren, kann ein Nachteil sein.“ Klar ist, dass Wagenknecht Ambitionen in Berlin hat. „Stand heute ist davon auszugehen, dass das BSW auch in den Bundestag einziehen wird“, so Hillje. Sollte das BSW künftig in zwei Landtagen Regierungskompetenzen zeigen müssen, könnte das für Wagenknecht riskant sein. „Denn dann muss die Partei Kompromisse eingehen und mit Parteien zusammenarbeiten, gegen die das BSW sonst permanent schießt. Der Glaubwürdigkeit eines populistischen Wahlkampfs, wie Sahra Wagenknecht ihn führt, könnte das schaden“, so Hillje.

In Bezug auf die Inhalte stehen CDU, SPD und BSW sowohl in Thüringen als auch in Brandenburg in zentralen Punkten recht weit auseinander. Zudem ist der Einfluss von Sahra Wagenknecht auf die kleinen Landesverbände groß, sie werden „autoritär geführt“, wie Beobachter sagen. Dies könnte bei Verhandlungen auf Landesebene zu Konflikten führen – oder sogar zum (womöglich kalkulierten) Eklat. Hillje kommentiert: „Wenn das BSW den Ausstieg aus den Verhandlungen inszeniert und sich als besonders standhaft geriert, kann das wiederum eine Rampe für den Bundestagswahlkampf sein. Das ist Wagenknecht durchaus zuzutrauen.“
PETER SIEBEN

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