In München fing alles an

von Redaktion

Heute wäre er 90 geworden. Und bald jährt sich jener Tag zum zehnten Mal, als sein Herz aussetzte und eine große Karriere endete. Was viele nicht wissen: Das Leben von Udo Jürgens war eng mit München verknüpft. Hier spielte er als junger Kerl in Clubs, wohnte in Schwabing in einer Männer-WG. Eine Spurensuche.

Beginn einer großen Karriere: Der junge Udo (li.) spielt sich durch die angesagten Münchner Clubs. © UJM

Juni 1987: Udo Jürgens bei der Meisterehrung des FC Bayern im Münchner Olympiastadion mit Trainer Udo Lattek. © Pa

Udo mit Sohn John auf dem Oktoberfest. John Jürgens ist als Schauspieler, DJ und Musikberater erfolgreich. © UJM

Udo bei seinem letzten Münchner Konzert am 21. November 2014 mit Bandleader Pepe Lienhard. © BrauerPhotos

Immer wieder München: Udo Jürgens lehnt 1974 an einem Auto im Färbergraben in der Altstadt. © pa

Oktober 2003: Udo Jürgens spielt zum Auftakt seiner Tournee in der Münchner Olympiahalle. © People Picture/Frank Rollitz

München – Es beginnt in München, und es endet in München. Hier, in seiner zweiten Heimat, probiert sich Udo Jürgens, der damals noch Udo Bockelmann heißt, als Künstler aus. 1955 erobert er zum ersten Mal die Herzen seines noch kleinen Publikums. 59 Jahre später, am 21. November 2014, feiert ihn München zum letzten Mal, beim umjubelten Heimspiel in der Olympiahalle. „Udo macht München glücklich“, schreibt unsere Zeitung. Und der Autor dieser Zeilen schwärmt als Augen- und Ohrenzeuge: „Vielen Dank für die Blumen? Ach was! Vielen Dank für den Udo!“ Genau einen Monat nach diesem letzten Triumph stirbt Deutschlands größter Musikstar (der natürlich Österreicher war). Herzversagen beim Spaziergang. Heute wäre Udo Jürgens 90 Jahre alt geworden – der Mann, der München liebte, und den München liebte.

Alles beginnt so richtig 1955 im legendären „Studio 15“ an der Leopoldstraße. Dort finden Tanzkurse statt. Dort jazzt und swingt Freddie Brocksieper mit seiner Kapelle. Und wenn der Hausherr Pause macht, darf der junge Bockelmann als ambitionierter Jazzpianist ans Klavier. Udos 21. Geburtstag wird zu einem rauschenden Abend. Das Publikum tobt und ruft nach Zugaben. Brocksieper und seine Musiker steigen ein, lassen es mit Udo krachen. An diesem für seine Karriere entscheidenden Abend wird klar: Der junge Kerl hat etwas, das die Menschen begeistert.

Danach: immer wieder München. 1957 zieht Udo aus seiner Heimat Kärnten nach Schwabing in eine Männer-WG mit seinem Spezi Frank Forster. Er spielt in allen angesagten Clubs wie der „Eule“ und dem „Hot Club“ unter dem Augustinerkeller. Hier lernt er 1959 seine erste Frau Erika Meier kennen. Nach drei Stunden Rock ’n’ Roll verabreden sie sich für den nächsten Tag in Udos Stammlokal „Meine Schwester und ich“ in der Türkenstraße zu Fleischpflanzerl und Salat.

„Ich habe hier früher in armseligen Studentenbuden gehaust. In der Kneipe der Schwabinger Gisela hab’ ich für 20 Mark am Abend Klavier gespielt. Das sind Dinge, die verbinde ich mit dieser Stadt, und diese werden sich niemals ändern. Jede Ecke steckt voller Erinnerungen“, sagt Udo später über seine frühen Münchner Jahre. Hier kommen 1964 und 1967 seine Kinder John (der als „John Munich“ DJ-Karriere macht) und Jenny zur Welt. Hier entstehen Klassiker von „Merci Chérie“ bis „Siebzehn Jahr‘, blondes Haar“. Hier feiert der Star im „Sugar Shack“ , macht im Büro in der Neuhauser Straße mit seinem umtriebigen Manager Hans R. Beierlein Geschäfte. Und hier strawanzt der Monaco Udo durch die Straßen oder über den Viktualienmarkt und schaut den feschen Madln nach.

Sogar die Ruhrpott-Kneipe aus „Griechischer Wein“ liegt in Wahrheit in München. Texter Michael Kunze erinnert sich im „Spiegel“: „Als ich in München studierte, lag auf meinem Heimweg am Rosenheimer Platz ein Wirtshaus. Dieses hatte ein Grieche übernommen. Seine Landsleute besuchten dieses Gasthaus fern der Heimat, wo sie für ihre Frauen und Kinder Geld verdienten.“ Den Griechen, das Akropolis an der Rosenheimer Straße, gibt es längst nicht mehr. Und auch Udo Jürgens kam 2015 nicht mehr nach München. Bei seinem letzten Konzert gab’s die Standing Ovations der Fans nicht wie bei anderen Stars am Ende der Show – sondern gleich am Anfang. „So war’s noch nie“, bedankte sich der Maestro gerührt. Und so wurde es nie mehr. Merci, Udo! München hätte so gerne Deinen 90. Geburtstag mit Dir gefeiert.

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