München – Das neue Rentenpaket gilt als Zerreißprobe für die Ampel-Koalition. Während die SPD von Arbeitsminister Hubertus Heil auf die Rentenreform pocht, sehen Teile der FDP von Finanzminister Christian Lindner vor allem die jüngere Generation durch die Pläne zu stark belastet. Doch was genau ist überhaupt geplant?
Der Ampel-übergreifende Grundanspruch an eine Reform ist es, die Rente langfristig zu stabilisieren. Das bereits beschlossene Paket hat dafür zwei Hebel ausgemacht: das Rentenniveau bei 48 Prozent sichern und ein sogenanntes Generationenkapital einführen.
Das Rentenniveau ist die Relation zwischen einer standardisierten Rente, also nach 45 Beitragsjahren auf Basis eines Durchschnittseinkommens, und dem durchschnittlichen Einkommen des Arbeitnehmers. Momentan liegt diese Relation bei 48,2 Prozent, zu Hochzeiten im Jahr 1977 lag dieser Wert in Westdeutschland sogar bei 59,8 Prozent. Jetzt ist es das Ziel, dass der Wert bis 2040 nicht unter die 48-Prozent-Marke fällt.
Doch das geht nur mit extra Geld. Und dafür sind zwei Quellen vorgesehen. Momentan liegt der monatliche Rentenbeitrag noch bei 18,6 Prozent – ab 2028 soll dieser nach Plan der Bundesregierung aber auf 20 Prozent, ab 2035 auf 22,3 Prozent steigen. Damit die Beiträge nicht noch weiter steigen, hat die FDP das aktienbasierte Generationenkapital in den Gesetzesentwurf reinverhandelt.
Diese Version der Aktienrente sieht vor, dass noch in diesem Jahr zwölf Milliarden Euro bereitgestellt werden. Das heißt, der Bund nimmt mit einem Darlehen neue Schulden auf, die nicht zur Schuldenbremse hinzugerechnet werden sollen. Jedes Jahr soll diese Summe ansteigen und bis zum Jahr 2035 zu einem sogenannten Kapitalstock von 200 Milliarden Euro anwachsen. Dieses Geld soll dann nicht etwa auf den Konten liegen bleiben, sondern am Kapitalmarkt angelegt werden. Damit verspricht sich die Regierung eine jährliche Ausschüttung von zehn Milliarden Euro – an die Rentenkassen ab 2036. Um dieses Kapital zu verwalten, soll extra eine öffentlich-rechtliche Stiftung gegründet werden.
Mit diesem Geld will die Bundesregierung einen prognostizierten Rentenbeitragssatz von 22,6 Prozent bis 2040 verhindern und die Beiträge bis 2045 bei 22,3 Prozent des Bruttogehalts gewährleisten. „Wir sorgen vor, dass die Beiträge in der zweiten Hälfte der 2030er-Jahre nicht zu stark steigen“, verspricht Arbeitsminister Heil.
Doch den Anstieg der Rentenbeiträge kritisiert die FDP ausdrücklich. Stabilisierung der Rente könne nicht bedeuten: „Wir erhöhen einfach die Beiträge für die arbeitende Mitte und für die Jungen immer weiter“, mahnt der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel. Die Liberalen fordern deswegen eine Nachbesserung des Gesetzes.
Laut Heil herrscht allerdings dringender Handlungsbedarf, da die geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge nun in den Ruhestand gehen.
Hinzu kommt Streit in der Ampel über das Renteneintrittsalter. Aus der FDP kommt immer wieder die Forderung, die sogenannte Rente mit 63 einzuschränken. Mit 63 Jahren durften Arbeitnehmer, die vor 1953 geboren sind und 45 Jahre rentenversicherungspflichtig gearbeitet haben, abschlagsfrei in Rente gehen. Mittlerweile ist diese Altersgrenze für besonders langjährige Versicherte bereits angehoben worden, sodass ein Arbeitnehmer mit Geburtsjahr 1960 mit 64 Jahren und vier Monaten abschlagsfrei in Rente gehen kann.
Doch von einem höheren Renteneintrittsalter wollen die Sozialdemokraten nichts wissen. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte den FDP-Vorschlag bereits „absurd“. Und Arbeitsminister Heil setzt lieber auf die bereits beschlossene Geld-Prämie für freiwilliges Arbeiten auch nach dem regulären Renteneintrittsalter.
Nach einer hitzigen Plenumsdebatte vergangene Woche geht das Rentenpaket II jetzt in die zuständigen Ausschüsse. Bis es beschlossen ist, dürfte es noch ein langer Weg sein. Eigentlich sollte die Reform schon 2022 beschlossen werden.
LEONIE HUDELMAIER