Hamas-Terror: Israel trauert um seine Toten

von Redaktion

Mit Namenslesungen und Gedenkakten haben Menschen weltweit der Opfer des Hamas-Massakers vom 7. Oktober gedacht. Israels Präsident Herzog warb für weitere Unterstützung „in der Schlacht gegen seine Feinde“. Ministerpräsident Söder gab „ein Schutzversprechen für jüdisches Leben in Bayern“.

Jerusalem: Israelis fordern vor der Residenz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu die Freilassung der Geiseln. © dpa

Yuval Danzig (re.) enthüllt auf einem Friedhof in Warschau eine Gedenktafel für seinen von der Hamas getöteten Vater. © dpa

Gestern Abend in München: Ministerpräsident Markus Söder und Landtagspräsidentin Ilse Aigner geleiten Charlotte Knobloch zu ihrem Platz in der Synagoge. © Hangen

Berlin: Bei der Mahnwache vor der Kreuzberger Synagoge zünden die Menschen Kerzen für die Opfer an. © dpa

Kanada: Israel-Befürworter schwenken israelische Fahnen auf einer Gedenkveranstaltung in Ottawa. © dpa

Unendlicher Schmerz: Eine Frau weint auf dem Gelände des Nova-Festivals um ein Opfer des Hamas-Angriffs. © dpa

München – Ori Danino (25), Saturn Look (22), Dikla Arava (51), Zoha Meiri (55), Ram Shalom (25). Nur einige Namen aus der langen Liste der Toten vom 7. Oktober. Gestern erklangen ihre Namen noch einmal laut. An vielen Orten der Welt wurden sie am Jahrestag des Überfalls der Hamas-Terroristen auf Israel verlesen. Manche wurden direkt in ihrem Haus oder auf dem Nova-Musikfestival nahe des Kibbuz Reim erschossen, andere wurden verschleppt und starben in der Geiselhaft im Gazastreifen. Für viele der 251 Geiseln ist das Leiden noch nicht vorbei. Sie befinden sich noch in der Hand der Hamas.

In Israel haben am Montag die Gedenkfeiern zum ersten Jahrestag des Hamas-Überfalls begonnen. Zum Auftakt hielt nahe dem Kibbuz Reim, wo mehr als 370 Teilnehmer des Musikfestivals getötet wurden, eine Menschenmenge um 6.29 Uhr Ortszeit, dem Beginn des Angriffs, eine Schweigeminute ab. Zuvor waren minutenlang die hypnotischen Klänge des letzten Musikstücks zu hören, das gespielt wurde, bevor die Musik abrupt abbrach und das Morden begann. Angehörige der Opfer brachen in Tränen aus. Während der Gedenkfeier waren aus dem Gazastreifen Schüsse und der Motorenlärm eines Kampfhubschraubers zu hören. Zeugen des Krieges, der noch immer anhält. Auch auf einer Gedenkfeier in Tel Aviv kamen Angehörige der auf dem Musikfestival getöteten meist jungen Menschen zusammen. „Ich stecke immer noch am 7. Oktober fest“, wurde die Mutter einer ermordeten jungen Frau in israelischen Medien zitiert. „Die Welt bewegt sich weiter, aber für mich ist die Zeit stehen geblieben.“

Weltweit gab es Gedenkveranstaltungen: im Londoner Hyde-Park eine Mahnwache, in New York, Lima oder Warschau wurden die Namen der 1205 Toten des Angriffs verlesen. Ebenso am Brandenburger Tor in Berlin. Die Lesungen waren Teil der internationalen Kampagne der „Marsch des Lebens“-Bewegung. In Hamburg sprach am Montagabend Bundeskanzler Olaf Scholz, in Berlin nahm Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an einem interreligiösen Gottesdienst teil.

Am Abend fand auch in der Münchner Synagoge Ohel Jakob ein Gedenkakt statt. Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, sagte, der 7. Oktober habe die jüngere jüdische Geschichte geteilt – in ein Davor und ein Danach. „Eine neue jüdische Generation wurde an diesem Tag mit einer alten Realität konfrontiert: einem Pogrom. Wir konnten uns nicht vorstellen, dass so etwas möglich war – noch dazu in Israel.“

Ministerpräsident Markus Söder richtete sich in seiner Rede an alle Kritiker der israelischen Kriegsführung: „Wenn heute alle Ratschläge geben, wie sich Israel verhalten soll – Israel braucht keine Ratschläge, Israel braucht unseren Beistand und unsere Unterstützung“, sagte der CSU-Chef. „Jeder wünscht sich Frieden. Jeder wünscht sich, dass die Waffen schweigen. Aber für Verhandlungen wäre die erste Voraussetzung, dass die Geiseln freikommen.“ Söder erneuerte gegenüber unserer Zeitung zudem sein „Schutzversprechen für jüdisches Leben in Bayern. Ein Angriff auf jüdisches Leben ist ein Angriff auf uns alle.“ Erwartet wurde in der Synagoge zudem eine Überlebende des Massakers im Kibbuz Beeri, Dafna Gerstner. Mehr als 100 Bewohner des Kibbuz starben, darunter Gerstners Bruder.

Weltweit gab es aber auch Kundgebungen pro Palästina. In Berlin-Kreuzberg und Stuttgart versammelten sich am Wochenende propalästinensische Demonstranten, am Montagabend in Frankfurt. Die Stadt hatte versucht, die Veranstaltung zu verbieten, der Verwaltungsgerichtshof hob das Verbot aber auf. Kundgebungen für Palästina gab es auch in Marokko, Indonesien, in Rom sowie in etwa 60 Städten in der Türkei.

Israels Präsident Izchak Herzog warb um Unterstützung. „Es ist eine Narbe an der Menschheit, eine Narbe am Angesicht der Erde“, sagte er am Ort des Nova-Musikfestivals. „Die Welt muss sich dessen gewahr werden und verstehen, dass sie Israel in der Schlacht gegen seine Feinde unterstützen muss, damit der Lauf der Geschichte geändert und der Region Frieden und eine bessere Zukunft gebracht werden können.“ Israel schlage eine Schlacht für die freie Welt.

Noch immer befinden sich 97 Geiseln in der Hand der Hamas. Angehörige fordern von Ministerpräsident Netanjahu einen Deal mit der Hamas, um die Geiseln freizubekommen. Gestern Morgen demonstrierten dutzende Angehörige vor Netanjahus Residenz in Jerusalem, ließen zwei Minuten eine „Weckruf“-Sirene ertönen und sangen die Nationalhymne. Wie viele Geiseln noch leben, ist unklar. Gestern vermeldete das Angehörigen-Forum den Tod der Geisel Idan Schtivi, 28. Israels Armee geht davon aus, dass 34 der noch immer vermissten 97 Geiseln bereits tot sind.
MIT DPA/AFP

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