Streitbare Damen: AfD-Chefin Alice Weidel (l.) und BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht. © Kay Nietfeld/dpa
München – An Harmonie mangelt es nicht, jedenfalls ganz am Anfang. Da überbieten sich Alice Weidel und Sahra Wagenknecht an Höflichkeitsgesten. Mit ausladenden Armbewegungen lassen sie einander den Vortritt, um die erste Frage zu beantworten – an wen die gehen sollte, ist aber auch tatsächlich nicht klar. Im Vorfeld dieses TV-Duells ist viel über den streitbaren Charakter der Führungskräfte von AfD und BSW gesprochen worden, doch in diesem Moment sind sie betont zahm.
Man sei „ein Medium für brisante Debatten“, hatte Jan Philipp Burgard, der Chefredakteur von Welt-TV und Moderator, gesagt. Gemeint war vor allem das Thüringer Duell zwischen Björn Höcke (AfD) und Mario Voigt (CDU). Im Unterschied dazu sind Weidel und Wagenknecht allerdings keine Anwärterinnen auf Spitzenposten in Land oder Bund, sondern Führungskräfte zweier kontroverser Parteien mit Hang zu provokanten Äußerungen. Das war das Kalkül hinter diesem Gespräch.
Der Sender wird nicht enttäuscht. Burgard hat zwar seine liebe Müh, den straffen Zeitplan einzuhalten, besonders Weidel („Sie durfte aber auch lange reden“) macht es ihm schwer. Aber trotz der erwartbaren Übereinstimmungen bei russischem Gas oder dem Ruf nach Friedensverhandlungen für die Ukraine wird der Ton immer wieder spitz.
Meist geht die Schärfe von Wagenknecht aus. Anders als die AfD-Frau will sie beim Bürgergeld nicht radikal kürzen, weil es auch Bezieher gebe, „die nicht faul sind“. Während Weidel das Selbstverteidigungsrecht Israels betont („Es kämpft um seine Existenz“), beklagt die BSW-Gründerin eine „barbarische Kriegsführung“ im Gazastreifen. Bei der Abschiebung gut integrierter Ausländer, noch so ein Streitthema, verweist sie auf einen Mann, den sie neulich getroffen habe. Ein fleißiger Mensch mit Job und Häuschen. So jemanden auszuweisen, sei „unmenschlich“. Noch deutlicher wird Wagenknecht bei Höckes Fantasien von millionenfacher Remigration: „Da wird mir übel.“ Weidel beteuert dennoch, man dulde keine Extremisten in der Partei.
Eine Koalition werde es „natürlich“ nicht geben, sagt Wagenknecht mit Verweis auf den „Neonazi-Sumpf“ in manchen Länderparlamenten. Weidel würde sie bei der Frage „Wie rechts ist sie?“ auf einer Skala von eins bis zehn „vielleicht bei Sechs“ einordnen. Die AfD-Chefin verweigert umgekehrt die Aussage. Sie habe „Probleme mit Links-und-Rechts-Skalen“.
MARC BEYER