Volker Wissing verlässt die FDP. © Kappeler/dpa
München/Berlin – Als Christian Lindner am dramatischen Abend seiner Entlassung vor die Kameras trat, stellten sich die anderen FDP-Minister solidarisch hinter ihn. Einer fehlte. Heute weiß man, warum: Volker Wissing, zuständig für Verkehr und Digitales, will im Amt bleiben, bricht dafür mit der FDP. In der Partei wird nun kontrovers diskutiert – Arbeitseifer oder Verrat?
Zumal inzwischen Details kursieren: Wissing roch laut „Bild“ die Lunte schon vorher, ging hinter Lindners Rücken noch vor dem Koalitionsausschuss zum Kanzler, um für sich selbst einen Deal auszuhandeln. Als Lindner fiel, schwieg Wissing und zog sich zurück.
So was hat das Potenzial, eine Partei zu spalten. Bisher sieht es so aus, als sammle sich die große Mehrheit der FDP hinter Lindner. Selbst Wissings eigene Staatssekretäre distanzieren sich von ihm („ein ungeheuerlicher Vorgang“). Auch Bayerns FDP-Führung stellt sich hinter Lindner.
„Die FDP ist heute geschlossener denn je“, sagt der Landesvorsitzende Martin Hagen. „Der noch amtierende Bundeskanzler wollte Lindner zum Verfassungsbruch und einer Politik auf Pump zwingen. Ich stehe voll hinter Christian Lindner und seiner Entscheidung, Überzeugungen vor Dienstwagen zu stellen. Ein ‚Weiter so‘ plus neue Schulden – nicht mit der FDP.“ Was Wissing betrifft: Seine Entscheidung müsse man akzeptieren, sagt Hagen, „wenn auch nicht unbedingt respektieren“.
Ähnlich kurz angebunden, was den Ex-Parteikollegen betrifft, ist der Münchner Bundestagsabgeordnete Daniel Föst: „Ich wünsche Volker Wissing persönlich alles Gute für die Zukunft. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ Der 48-Jährige hat nur Unverständnis dafür übrig, dass Olaf Scholz Lindners Angebot nicht angenommen hat. „Das Lindner-Papier, das eine durchgerechnete, umsetzbare Vision für unser Land aufgezeigt hat, hat inhaltlich nicht nur Wirtschaft und Wissenschaft abgeholt, sondern auch unsere Mitglieder“, sagt Föst. „Die FDP steht hinter Christian Lindner.“ Etwas, das auch der bayerische Ex-Minister Wolfgang Heubisch mit Föst und Hagen teilt. „Nach meinem Eindruck gilt das auch für die allermeisten Parteimitglieder“, sagt Heubisch. „Sein entschlossenes Handeln nach dem Rauswurf gibt Hoffnung für ein starkes Ergebnis bei der Bundestagswahl.“ Über das Verhalten von Wissing ist er allerdings schockiert. „Ich kenne Wissing seit Langem persönlich. Ich bin menschlich enttäuscht und kann seine Entscheidung nicht nachvollziehen.“
Auch Katja Hessel, die ehemalige parlamentarische Staatssekretärin von Christian Lindner, hält nach wie vor zu ihm. Und das, obwohl sie vom Rücktritt direkt betroffen ist. Denn damit verliert auch sie automatisch ihren Posten und muss sich nun als Abgeordnete Zuständigkeiten suchen. „Es war richtig, dass er es vorgezogen hat, entlassen zu werden. Die Alternative wäre gewesen, die Schuldenbremse auszusetzen und einen verfassungswidrigen Haushalt aufzustellen“, sagt Hessel.
„Wir haben hierzulande eine ernste wirtschaftliche Lage und seit Anfang Januar darauf hingedrängt, die Wirtschaft zu beleben. Und es war klar, dass der 49-Punkte-Plan aus dem Sommer allein nicht ausreichen wird. Darum gab es dieses interne Papier des Bundesfinanzministers. Wir haben darin glasklar aufgeschrieben, was jetzt zusätzlich nötig ist.“ Was sie von Wissing hält? „Ich begrüße die Entscheidung seiner parlamentarischen Staatssekretäre. Die haben gestern um ihre Entlassung gebeten.“
LISA METZGER