Schmuggelware: Schauspieler Nicolas Cage (60) musste seinen Dino-Schädel an die Mongolei zurückgeben. © dpa
6,6 Millionen Euro: Bei „Big John“ (versteigert 2021) handelt es sich um das weltweit größte Skelett eines Triceratops. © pa
12,4 Millionen Dollar: „The Raptor“, ein Deinonychus, kam 2022 in New York unter den Hammer. © Foto: Picture Alliance
8,4 Millionen Dollar: Der Tyrannosaurus Rex „Sue“ wurde 1997 in New York bei Sotheby‘s versteigert. © Foto: Picture Alliance
44,6 Millionen Dollar: Der Stegosaurus „Apex“ erzielte im Juli den bisher höchsten Preis bei einer Dino-Versteigerung. © pa
20,5 Meter lang und 150 Millionen Jahre alt: „Vulcain“ gehört zur Gattung der Apatosaurier und wird am Samstag in Paris versteigert. Das Urzeit-Skelett war bis zum 3. November auf dem Gelände des Schlosses Château de Dampierre-en-Yvelines bei Paris ausgestellt. © Foto: Quentin Reix/Picture Alliance
Paris – Sieben Interessenten lieferten sich eine erbitterte Bieterschlacht. Am Ende sauste der Hammer bei 44,6 Millionen Dollar auf den Tisch – rund 40 Millionen Euro. Was der anonyme Käufer dafür bekam? Einen Stegosaurus namens „Apex“. Das Urzeit-Skelett ging im Juli in New York bei Sotheby’s über den Tisch. Für einen Rekordpreis. Das Auktionshaus war von einem Preis von bis zu sechs Millionen Dollar ausgegangen. Als rekordverdächtig gilt nun auch die Auktion an diesem Samstag in Paris. Zum Verkauf steht „Vulcain“, ein 20,5 Meter langes und rund 150 Millionen Jahre altes Knochen-Puzzle. Es ist der größte Saurier, der jemals auf einer Versteigerung angeboten wurde.
„Vulcain“, wie der Pflanzenfresser mit Spitznamen heißt, gehört zur Gattung der Apatosaurier und verfügt über mehr als 80 Prozent seiner natürlichen Knochen. Je vollständiger ein Skelett, desto teurer. „Wenn man 70 Prozent erreicht, ist es bereits ausgezeichnet“, erklärt Eric Mickeler. Der Experte betreut seit Anfang der 2000er-Jahre die Dinosaurier-Auktionen in Frankreich.
Der Hype begann 1997 mit einem T-Rex
Die erste große Dinosaurier-Auktion gab es 1997 in New York bei Sotheby’s. Der Verkauf von „Sue“, einem fleischfressenden Tyrannosaurus Rex, auch T-Rex abgekürzt, erzielte 8,4 Millionen Dollar. Die Urzeitechse ist vier Meter hoch und 13 Meter lang und soll noch alle Zähne und Wirbel haben. 2020 sorgte „Stan“ für Aufsehen, ein zu 70 Prozent vollständiges T-Rex-Fossil. Es kam bei Christie’s in New York für 31,8 Millionen Dollar unter den Hammer. Zwei Jahre später fand ebenfalls bei Christie’s in New York die Versteigerung von „The Raptor“ statt, das Skelett eines Deinonychus, der Steven Spielberg zu seinem Film „Jurassic Park“ inspirierte. Es erzielte 12,4 Millionen Dollar.
Mit 44,6 Millionen Dollar hält „Apex“ derzeit den Weltrekord. Der Stegosaurus war 2022 im US-Bundesstaat Colorado entdeckt worden und ist ein Prachtskelett, bei dem von den 319 fossilen Knochenelementen noch 254 erhalten sind. Der europäische Rekord wurde 2021 in Paris mit dem Verkauf des Triceratops „Big John“ für 6,6 Millionen Euro erreicht. Am Samstag wird der Apatosaurier „Vulcain“ den Europarekod brechen – und vielleicht auch den Weltrekord von „Apex“.
Für Olivier Collin du Bocage, Auktionator und Mitorganisator der „Vulcain“-Auktion, liegt der Verkauf von Dinosauriern immer mehr im Trend: „Es handelt sich um ein Objekt mit starkem kulturellem Mehrwert“, sagt er. Man werde Eigentümer eines Stücks Geschichte unserer Erde.
Der Spielberg-Effekt aus den 1990er-Jahren
Für Mickeler geht die Begeisterung auf „Jurassic Park“ von Steven Spielberg zurück, einer der bekanntesten Filme aus den 1990er-Jahren. Darin muss sich eine Forschergruppe auf einer Insel gegen gentechnisch wiedererschaffene Dinosaurier behaupten. Von einem „Spielberg-Effekt“ ist auch Auktionator Alexandre Giquello überzeugt. Wie er der französischen Wirtschaftszeitung „Capital“ sagte, werde man, sobald man einen Verkauf organisiere, gefragt, ob es sich um den zweibeinigen, gefiederten Fleischfresser Velociraptor aus „Jurassic Park“ handle.
Früher wurden Fossilien von wohlhabenden Amateuren gekauft, die sich für Paläontologie interessierten, der Wissenschaft von Lebewesen vergangener Erdzeitalter, oder von Museen. Heute reicht das Profil bis hin zu großen Unternehmen, Industriellen und Stars. Einige verleihen die Skelette dauerhaft oder zeitweise an Museen. Andere benutzen sie zu Marketingzwecken, wie im Fall eines reichen tschechischen Geschäftsmanns, der laut Mickeler das Skelett eines 154 Millionen Jahre alten Diplodocus für eines seiner Einkaufszentren erworben hat. Auf der anderen Seite des Atlantiks schmücken Hollywoodstars ihre Häuser mit Fossilien. Schauspieler Nicolas Cage (60) erwarb 2007 bei dem Auktionshaus IM Chaits mit Sitz in Los Angeles einen Triceratops-Kopf. Sein Schauspielkollege Leonardo DiCaprio soll kräftig mitgesteigert, dann aber bei 276 000 Dollar das Handtuch geschmissen haben.
Nicolas Cage muss Schädel zurückgeben
Für Cage hatte der Kauf ein Nachspiel: Das Echtheitszertifikat war gefälscht. Der Schädel wurde, wie sich bestätigte, illegal aus der Wüste Gobi exportiert. Der Schauspieler gab den Schädel an die Mongolei zurück. Strafrechtlich hatte er sich nicht schuldig gemacht, auch wenn die Galerie zuvor schon Schlagzeilen wegen eines geschmuggelten Dino-Skeletts gemacht hatte. Laut Auktionator Josh Chait sei auch Regisseur Ron Howard ein bekannter Sammler des Hauses. Dino-Skelette und -Knochen seien bei Hollywood-Größen und Superreichen aus dem Nahen Osten gefragt, zitierte ihn „The Telegraph“.
Wissenschaftler stehen dem Boom meist kritisch gegenüber. Paläontologen wie Jean Le Loeuff befürchten den Verlust wertvoller Fossilien für die Forschung: „Zuvor kauften Museen die Fossilien. Nun sind es Leute, die sich das ins Wohnzimmer stellen“, sagte er dem Radiosender „France Inter“.
Ronan Allain, Leiter der Sammlungen für fossile Reptilien und Vögel im Museum für Naturgeschichte in Paris, prangert die eskalierenden Preise an, die den Erwerb bedeutender Skelette für Museen und wissenschaftliche Institutionen immer schwieriger machen würden. Die „reine Geschäftemacherei“ könnte auch zu einem Anstieg des illegalen Handels führen. Allain wirft den Auktionshäusern vor, die Herkunft der Fossilien nicht ausreichend zu dokumentieren. Werde als Herkunftsland Eurasien genannt, wüsste man, dass sie aus China stammen, sagt er. Und China verbiete den Export ebenso wie Marokko.
In den USA gehören Fossilien den Besitzern des Grundstücks. „Wenn man sich mit ihnen einigt, darf man eigentlich alles ausgraben und auch weltweit verkaufen“, erklärte Oliver Wings, Paläontologe und Leiter des Naturkundemuseums in Bamberg, dem „Deutschlandfunk Nova“. Gehöre das Land dem Staat, müssten viele Anträge gestellt werden, bevor gegraben werden darf. Das gelte auch für Wissenschaftler.
Manchmal werden auch Knochen mehrerer Tiere zusammengesetzt. T-Rex „Trinity“ zum Beispiel besteht aus drei Tieren, deswegen der Name „Trinity“ – Dreieinigkeit. Trotzdem spielte das Skelett 2023 in einem Schweizer Auktionshaus 5,6 Millionen Euro ein. Der Käufer: anonym.