Waffenruhe für den Libanon in greifbarer Nähe

von Redaktion

Es droht jedoch eine neue Konfrontation mit dem Iran – Israels Opposition solidarisiert sich wegen des Haftbefehls mit Netanjahu

Netanjahus schärfster Gegner Benny Gantz (r.) im Gespräch mit CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. © Klaus Rimpel

Beirut – Hoffnung auf ein bisschen Frieden? Mehr als ein Jahr nach Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon könnte nach den Worten des libanesischen Außenministers Abdullah Bou Habib eine Vereinbarung über eine Waffenruhe kurz bevorstehen. Im Prinzip hätten Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie die libanesische Regierung zugestimmt, sagte Bou Habib.

Die mögliche Vereinbarung sieht einen 60-tägigen Umsetzungszeitraum vor, der es Israels Militär ermöglichen solle, sich zurückzuziehen, berichtete das US-amerikanische „Wall Street Journal“. Die libanesische Armee solle zugleich im Grenzgebiet zu Israel stationiert werden, um zu verhindern, dass Kämpfer der Hisbollah dort wieder Fuß fassen.

Im Vorfeld dieser Waffenruhe gab es eine Eskalation der Gewalt: Die Hisbollah schoss so viele Raketen auf Israel wie noch nie in diesem Krieg. Aber auch Israel attackierte erneut Ziele im Libanon. Nach Evakuierungsaufrufen an die Zivilbevölkerung griff die Armee in Burdsch al-Baradschinah an, einem südlichen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut. Mindestens sechs Gebäude seien bei dem Angriff zerstört worden, hieß es aus libanesischen Sicherheitskreisen.

Netanjahus Bereitschaft zu einer Waffenruhe hat zum einen mit seiner schwierigen innenpolitischen Lage wegen der Affäre um möglichen Geheimnisverrat zu tun – er sucht einen Erfolg für die zunehmend kriegsmüde Bevölkerung. Aber es geht dem Premier wohl auch darum, dass er sich nach der Bekämpfung von Hamas und Hisbollah dem eigentlichen Hauptfeind Israels zuwenden will, dem Iran. „Es kam bei den Gesprächen, die ich in Israel führte, immer wieder zum Ausdruck, dass das, was im Nahen Osten passiert, nicht einzelne Brandherde sind, sondern dass es hier um die große Idee geht, den Staat Israel auszulöschen und die Vormachtstellung des Iran in dieser Region zu etablieren“, erklärte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt dazu gegenüber unserer Zeitung. „Das würde letztlich auch eine große Gefahr für den Westen bedeuten.“

Haftbefehl empört auch Benny Gantz

Dobrindt traf sich in Tel Aviv unter anderem auch mit Netanjahus wichtigstem politischen Rivalen, Benny Gantz. Der Oppositionspolitiker war nach dem 7. Oktober in Netanjahus Kriegskabinett eingetreten, schied dort aber aus Protest über das aus seiner Sicht planlose Vorgehen in Gaza aus. Er wirft Netanjahu unter anderem vor, keine Idee für die Zukunft Gazas vorzulegen.

Doch der Internationale Haftbefehl gegen Netanjahu stößt auch bei Gantz auf Protest: Es sei eine Schande, dass hier ein demokratisch gewählter Regierungschef auf eine Ebene mit dem Führer einer bösartigen Terror-Armee gestellt werde, sagte der Ex-Verteidigungsminister. Der Haftbefehl schweißt das sonst so gespaltene Israel zusammen.
KLAUS RIMPEL

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