„Ich bin wieder ein freier Mann“

von Redaktion

Abdul Khalil flüchtete aus Aleppo nach Bayern. © M. Schlaf

München – Abdul Khalils Telefon klingelte am Sonntag mitten in der Nacht. Sein bester Freund rief ihn an. Weinend. Er sagte nur einen Satz: „Er ist weg.“ Assad ist gestürzt – Khalil kann es noch kaum glauben. Der 33-Jährige ist 2012 aus Afrin in Nordsyrien geflüchtet. Erst in den Irak, 2015 nach Bayern. Er war Schneider in der Armee. Als es 2011 hieß, dass er auch kämpfen solle, weigerte er sich. „Ich schieße nicht auf meine Landsleute“, sagte er damals – und riskierte damit sein Leben. Khalil galt als Verräter, er hätte überall erschossen werden dürfen. „Ich bin endlich wieder ein freier Mann“, sagt er, als ihn die Nachricht vom Sturz der Regierung erreicht. „Ich kann wieder in meine Heimat reisen.“ Zwölf Jahre lang war das unmöglich.

Khalil hat sofort seine Verwandten angerufen, die noch in Damaskus leben. Seine Eltern sind mit seiner schwer behinderten Schwester in den Libanon geflüchtet. „Sie wollen natürlich zurückkehren“, sagt er. Aber erst, wenn es in Syrien eine stabile medizinische Versorgung gibt, die seine Schwester dringend braucht. Auch Khalil möchte in seine Heimat reisen. Aber sein Leben spielt jetzt in Deutschland, sagt er. Er hat eine Schneiderausbildung gemacht und mit guten Noten abgeschlossen. Inzwischen arbeitet er beim Volkstheater. Er hat Freunde hier, spricht perfekt Deutsch – und hat seit zwei Jahren den deutschen Pass. Er will seine Heimat mit Geld unterstützen, das er hier verdient. „Aber ich bin sicher, dass sehr viele Syrer für immer zurückkehren werden.“ Er habe gerade sehr viele Gefühle gleichzeitig, sagt er. Riesengroße Freude, Hoffnung – aber auch unglaublichen Schmerz, wenn er die Bilder der Menschen sieht, die aus Assads Foltergefängnis befreit wurden.
K. WOITSCH

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