„Es ist wie Armageddon“

von Redaktion

Auch ein Spielplatz wurde zerstört. © Josh Edelson/AFP

Totale Zerstörung: Ein Autowrack steht vor einem abgebrannten Haus in Pacific Palisades. © Jonathan Alcorn/dpa

Wenn nichts mehr bleibt: Von diesem Strandhaus in Malibu ist nur noch die Wendeltreppe übrig. © Zoe Meyers/AFP

Schreckliches Schauspiel: Das „Eaton Fire“ nordöstlich von Los Angeles forderte bisher fünf Menschenleben. © Josh Edelson/AFP

München/Los Angeles – Los Angeles ist die Welthauptstadt des Films, das Zentrum der ganz großen Dramen, so ist es auch jetzt. Paris Hilton zum Beispiel, als früheres It-Girl eine Expertin für fulminante Auftritte, findet selbst in den verheerenden Bränden, die die Stadt seit Tagen heimsuchen, noch eine Bühne. In den Sozialen Medien berichtet sie, dass sie im Fernsehen live verfolgen konnte, wie ihr Domizil in Malibu ein Opfer der Flammen wurde. „Bis auf die Grundmauern“ sei es abgebrannt, „mein Herz ist untröstlich“.

Es liegt in der Natur dieser Katastrophe, gerade an diesem Ort, dass unter den Opfern auch Prominente sind. Oscar-Preisträgerin Jamie Lee Curtis, der Komiker Billy Chrystal („Harry und Sally“), „Star Wars“-Schauspieler Mark Hamill, der deutsche Sänger Bill Kaulitz. Doch sie sind nur einige wenige, die dem Schrecken ein Gesicht geben. Geschätzte 130 000 Menschen haben nach Angaben der Behörden vor den Flammen flüchten müssen, rund 2000 Gebäude wurden bereits zerstört. Die allermeisten Dramen und ihre Hauptfiguren bleiben anonym.

Aus der „städtischen Wildnis“ wird ein urbaner Alptraum

Menschen wie Patrice Winter. Die Eigentümerin einer Bäckerei lebt seit über 50 Jahren in den Bergen von Topenga, zwischen Los Angeles und Malibu. Für die Menschen hier sei Feuer im Laufe der Jahrzehnte zu einer Gewohnheit geworden, sagt sie der „Los Angeles Times“, doch diesmal sei alles anders: „Es ist wie Armageddon.“ Zahlreiche Feuer habe sie mit eigenen Augen gesehen, aber dieses „erschüttert deine Welt“. Sie habe Rauchwolken in allen Farben gesehen, schwarz, weiß, gelb, rot. „Die ganze Farbpalette des Rauchs.“

Oder Joe, der seinen Nachnamen nicht nennen will, weil er dem Aufruf der Behörden nicht gefolgt ist, die Gegend zu verlassen. Er ist geblieben, um zu retten, was zu retten ist. Im Haus seines Vaters hat er ein paar Kisten mit Fotos gesichert, Aufnahmen von der Hochzeit der Eltern, Bilder von einem Skiausflug, ein Porträt von Abraham Lincoln. Die Gegend, in der er lebe, sei eigentlich wunderschön. Es sei eine Art „städtische Wildnis“ mit Wohnhäusern umgeben von wilder Natur. „Deshalb sind wir hier. Aber die Menschen machen sich etwas vor, wenn sie glauben, dass sie Mutter Natur kontrollieren könnten“.

Fünf Menschenleben haben die Feuer bisher gefordert, zwischenzeitlich war sogar das Zentrum Hollywoods bedroht. In der Nacht auf Donnerstag gaben die Behörden dann in den Hollywood Hills leichte Entwarnung. „Die Feueraktivität hat sich verringert“, teilte das zuständige Sheriff-Büro X mit. Das Feuer brenne nun hauptsächlich auf einer kleinen, von der Feuerwehr begrenzten Fläche. Evakuierungsanordnungen wurden teilweise wieder aufgehoben.

Brände haben hier eigene Namen, dieser ist das „Sunset Fire“. Verheerender ist jedoch das „Eaton Fire“ nordöstlich von Los Angeles, wo auch die fünf Todesopfer zu beklagen sind und vier verletzte Feuerwehrleute. Es hat bisher eine Fläche von 43 Quadratkilometern erfasst. Sogar 70 sind es beim „Palisade Fire“ westlich der Stadt, das bis nach Malibu reicht.

Über weiten Teilen der Metropole liegt dichter Rauch. Viele Menschen tragen Masken. Alle Schulen sind geschlossen, Veranstaltungen wurden abgesagt. Die Löscharbeiten gestalten sich wegen teils starker Winde als schwierig. Und noch ein Hindernis gibt es: Zeitweise wurde das Wasser knapp. Der enorme Bedarf habe speziell im Stadtteil Pacific Palisades dazu geführt, dass alle drei Tanks in dem Gebiet mit einem Fassungsvermögen von jeweils einer Million Gallonen (knapp 3,8 Millionen Liter) am Mittwoch leer gewesen seien, sagt die Chefingenieurin der städtischen Wasser- und Strombehörde, Janisse Quinones. Ein niedrigerer Wasserdruck bei den dortigen Hydranten sei die Folge gewesen. Man habe aber sofort Notfallpläne aktiviert und Wassertankwagen eingesetzt.

Trump beleidigt den Gouverneur von Kalifornien

Auch das gehört zu so einer Katastrophe dazu: Nicht alles läuft glatt, womöglich werden Fehler gemacht und irgendwann Fragen nach der Verantwortung laut. Noch ist eigentlich die Zeit der akuten Hilfe, nicht des Nachkartens, dennoch gibt es bereits einen ersten schrillen Misston. Er kommt, Überraschung, von Donald Trump. In den Sozialen Medien attackiert er den kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom, einen Demokraten und vergangenes Jahr eine Zeitlang mit Außenseiterchancen auf die demokratische Präsidentschaftskandidatur. Trump wirft ihm schwere Fehler beim Wassermanagement vor. Er nennt Newsom „Gavin Newscum“. „Scum“ heißt übersetzt „Abschaum“.

Präsidiabel ist das nicht. Trumps Vorgänger Joe Biden wiederum sagte einen Auslandstermin ab, um sich ganz auf die Leitung der Bundesmaßnahmen im Kampf gegen die Brände zu konzentrieren. Biden hatte kurz vor seinem Abschied noch nach Italien reisen wollen. Geplant war eine Audienz bei Papst Franziskus.

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