Wird Deutschland interessanter für Wissenschaftler, weil Trump die Forschung einbremst? © IMAGO
Clemens Baumgärtner, bis 2024 Wiesn-Chef, erwartet jetzt noch mehr US-Touristen. © Achim Frank Schmidt
Was bedeutet Donald Trump für die deutsche Autobranche? Bei BMW will man nicht spekulieren. © imago/Montage: mm
Wirtschaft: Die USA waren 2024 mit einem Ausfuhrvolumen von rund 29 Milliarden Euro das Top-Exportland für Bayerns Wirtschaft und auch das wichtigste Investitionsziel. Die Bayerische Industrie- und Handelskammer warnt vor möglichen Konfrontationen, mahnt aber an, Ruhe zu bewahren. Aus den USA gab es laut Statistischem Bundesamt Einfuhren im Wert von 13,4 Milliarden Euro. Pkw und Wohnmobile stellen über 28 Prozent des Exports, gefolgt von Maschinen, medizinischen Geräten und orthopädischen Vorrichtungen sowie Geräten zur Elektrizität. Unter Trump rechnen nur 16 Prozent der befragten bayerischen Unternehmen mit langfristig besseren Geschäftsbeziehungen, 56 Prozent mit einer Verschlechterung. Als größte Risiken sehen sie mehr Zölle und Handelshemmnisse (70 Prozent), US-Handelssanktionen mit Wirkung auf Drittstaaten wie China (68 Prozent) und weniger stabile Finanzmärkte (44 Prozent).
Forschung: Schon in seiner ersten Amtszeit habe Trump etliche Forschungsprojekte auf Eis gelegt, sagt Patrick Cramer, Präsident der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) zur Förderung der Wissenschaften in München. Noch gebe es „keinen Exodus“ der Wissenschaftler aus den USA. Cramer will demnächst zu Gesprächen in die USA reisen und schließt nicht aus, dass die MPG hilft, einen Teil der US-Wissenschaft zu stabilisieren. „Viele US-Kollegen fürchten, dass wichtige Forschung unter Trump beschnitten, depriorisiert oder verunglimpft wird, insbesondere die Umweltwissenschaften, aber auch die Biomedizin.“ Die MPG ist Deutschlands erfolgreichste Forschungs-Organisation mit aktuell 31 Nobelpreisträgern.
Flüge: Entwarnung am Airport München: „Da die USA nach wie vor die größte Volkswirtschaft der Welt darstellen, wird es auch weiterhin sehr viel Geschäftsverkehr zwischen Deutschland und den USA geben“, sagt Flughafensprecher Robert Wilhelm. „Auch der touristische Verkehr hat sich während der ersten Amtszeit Trumps nicht verändert, denn die Mobilitätsbedürfnisse bleiben relativ gleich.“ Im Sommer bieten die Lufthansa-Airlines mehr als 500 wöchentliche Verbindungen zu rund 30 Zielen in Nordamerika an.
BMW: Bei Bayerns großem Auto-Hersteller herrscht abwartende Spannung. Sebastian Kessler von der Konzernkommunikation:„Wir beteiligen uns grundsätzlich nicht an Spekulationen über etwaige Programme oder Entscheidungen der neuen US-Regierung oder deren mögliche Auswirkungen.“
Startups: Das Münchner Startup „DeepDrive“ stellt besonders effektive und umweltfreundliche Elektromotoren her. Es wurde 2021 gegründet. Felix Pörnbacher (29) ist einer der Gründer und sagt: „Wir sind global aufgestellt, mit Schwerpunkt Europa, USA und Asien.“ Europa mache 60 Prozent aus, die USA und Asien je 20 Prozent. Das werde sich ändern: noch mehr Kerngeschäfte in Europa, noch mehr in Asien („nicht nur China!“) und vielleicht noch zehn Prozent in den USA. „Zum einen wegen der Zölle, zum anderen wegen der gestrichenen Subventionen für E-Autos und grüne Energien überhaupt.“
Das Unternehmen würde das zurückgefahrene Geschäft mit den Vereinigten Staaten zwar ausgleichen können, „aber ein großer Markt ist immer besser als ein kleiner“, sagt Pörnbacher. Zudem seien die USA ein wichtiger Investorenmarkt. „Wenn die Geschäftsbeziehungen weniger werden, macht es das schwieriger.“ Luxus-Artikel: Beschließt Trump Zölle für Luxuswaren aus Europa, könnte die EU mit Zöllen auf US-Produkte reagieren, etwa auf Gitarren oder Motorräder. „Fender- und Gibson-Gitarren kosten momentan 600 bis 10000 Euro. Kommen Einfuhrzölle, halte ich einen preislichen Anstieg von durchschnittlich 400 bis 500 Euro für realistisch“, sagt Daniel Böhm, Musikfachhändler bei Hieber Lindberg in München.
Bei Harley-Davidson denkt man ähnlich. Geschäftsführer Walter Maygatt von der Münchner Dependance sagt: „Wenn die EU mit Einfuhrzöllen auf Trump-Zölle reagiert, kann man davon ausgehen, dass Harley-Davidson-Motorräder teurer werden.“ Wiesn: Clemens Baumgärtner (CSU), Münchner Referent für Arbeit und Wirtschaft, glaubt an steigende Besucherzahlen und mehr Wiesn-Gäste aus den USA. „Die US-Wirtschaft wird unter Trump stärker werden und zusätzlich Einfluss auf den ohnehin schon günstigen Wechselkurs haben.“ Das sei das Positive, das aber nur einen kleinen Ausschnitt bilde. „Die Industrie, die Arbeitsplätze sind nicht positiv betroffen. Und mit den US-Zöllen wird nicht nur unser Export erschwert, sondern die USA werden sich noch weiter abschotten.“ Bier: 2023 waren die Amis mit Abstand die häufigsten Touristen im berühmtesten Wirtshaus der Welt, dem Hofbräuhaus. Auch heuer wird kein Besucherrückgang erwartet, der Wechselkurs ist gut für die Gäste. Gelassen ist man auch bei der Brauerei. Hofbräu exportiert 52 Prozent seines Bieres ins Ausland, die USA sind mit 30 Prozent zusammen mit Italien die größten Abnehmer. In Zahlen: Insgesamt 188000 Hektoliter werden exportiert, in die USA also rund 56000 Hektoliter. Es ist auch noch offen, ob es Zölle auf Bier geben wird.
Brauereidirektor Helmut Erdmann von der Privatbrauerei Aying schließt nicht aus, dass Ayinger in den deutschen Markt für Alkoholfreies einsteigen wird, sollten Strafzölle kommen und sich die Wirtschaft schlecht entwickeln. Ein Teil des Ayinger Bieres wird ins Ausland exportiert, unter anderem in die USA. Au-pair und Schüleraustausch: Rund 4000 Au-pairs aus Deutschland sind jährlich in den USA. Die Agentur Au-Pair-Scout spricht mit Trump nun von 20 Prozent weniger Interessierten. Ungebrochen sei die Nachfrage beim Schüleraustausch, so die Munich Academy und die DFSR, die beide solche Programme vermitteln.