Familienarbeit ist mehr als Kinderbetreuung

von Redaktion

Männer wissen oft gar nicht, was im Haushalt alles zu tun ist, sagt Arbeitsmarktexpertin Luisa Kunze, es fehlt am Bewusstsein

München – Dass Männer die Haushaltsarbeit so anders wahrnehmen als Frauen, liegt nach Aussage von Luisa Kunze, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung, auch daran, dass Haushalt und Kinderbetreuung eher eine „unsichtbare Arbeit“ sei. „Da passiert viel im Alltag, nebenbei. Wenn man diese Dinge nicht selber macht, ist man sich auch gar nicht bewusst, was der andere so alles leistet.“ Daher müsse ein klareres Bewusstsein dafür geschaffen werden, welche zeitlichen Ressourcen diese Aufgaben tatsächlich erforderten. Der öffentliche Diskurs konzentriere sich auf eine stärkere Beteiligung der Männer vor allem an der Kinderbetreuung. Diese sei zwar wesentlich, sagt Kunze, aber nicht die einzige Komponente der unbezahlten Arbeit. Man müsse sich klarmachen, so heißt es in der Untersuchung, dass Familienarbeit nicht der Erwerbsarbeit untergeordnet sei, „sondern die Voraussetzung für Erwerbsarbeit“ ist.

In der Studie ist man laut Kunze auch der Frage nachgegangen, welche Faktoren für die Arbeitsteilung wichtig sind. Hier habe sich gezeigt, „dass die Arbeitsteilung immer noch stark geprägt ist von traditionellen Rollenbildern und Kompetenzzuschreibungen: Wer was besser kann“. Es werde in vielen Familien nach wie vor weitergegeben, dass Mädchen sich besser „kümmern“. Das sei auch heute noch immer die Sozialisation und verfestige sich. „Daher kann es auch unterbewusst passieren. Paare sollten sich daher sehr klar darüber austauschen, wie sie die Aufgaben aufteilen.“ Zugleich gebe es den Wunsch nach gleichberechtigter Aufteilung: 63 Prozent der Männer und Frauen bezeichneten das in der Umfrage als wichtigen Faktor – es hapere dann „nur noch“ an der Umsetzung.

Männer, sagt Kunze, sollten ihre Verantwortung in Haushalt und Familie stärker wahrnehmen. „Wir müssen dazu kommen, dass es normal ist, dass die Männer mal am Arbeitsplatz fehlen, wenn die Kita geschlossen oder das Kind krank ist.“ Väter sollten vermehrt Brückenteilzeit und flexible Arbeitszeitmodelle in Anspruch nehmen können. Betriebe müssten Teilzeitmodelle auch für Führungskräfte anbieten. Auch hier gehe das Rollenbild noch eher von der Karriere des Mannes aus. Auf beiden Seiten müssten die Rahmenbedingungen so gestaltet werden, dass die Familienarbeit anders aufgeteilt werden kann.

Warum in der Erziehung vorwiegend die traditionellen Rollenzuordnungen vermittelt werden, hat die Studie nicht untersucht. Es gebe aber familienpolitische und wirtschaftliche Maßnahmen, die darauf einwirken könnten. Wenn Väter früher, etwa durch längere Elternzeit und partnerschaftliche Auszeiten, in die Kinderbetreuung eingebunden würden, „könnten sich bei den Kindern schon andere Vorbilder und bei den Eltern andere Fähigkeiten entwickeln“.

Nicht ausschließen will Kunze, dass in manchen Fällen bei Paaren auch ein unterschiedliches Verständnis von Ordnung und Sauberkeit eine Rolle spielen könnte. Doch auch hier gehe es wieder um traditionelles Rollenverständnis und einen „Standard, der von außen vorgegeben wird“. Eine Riesenherausforderung komme auf die Familien zu durch fehlende Kita- und Pflegeplätze. „Gerade deshalb ist es so wichtig, dass man hier Weichen für langfristige Lösungen stellt“, sagt die Arbeitsmarktexpertin.
CLAUDIA MÖLLERS

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