„Wir wollen einen gerechten Frieden“

von Redaktion

Das sagen Ukrainer aus Oberbayern zu den Verhandlungen zwischen Trump und Putin

Yurii Kechur fordert einen gerechten Frieden. © Max Richter

Valentyna De Maar organisiert Demos. © privat

Anton Denysov verfolgt die Siko sehr besorgt. © privat

„Mit Terroristen verhandelt man nicht“, sagt Daria Onyshchenko. Sie lebt in München, viele Familienmitglieder von ihr sind noch in der Ukraine. © Jens Hartmann

München – Mehr als 1,2 Millionen Menschen sind vor dem Krieg in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Knapp 180 000 von ihnen leben in Bayern – und die allermeisten verfolgen die Sicherheitskonferenz am Wochenende sehr angespannt. Denn sie sind beunruhigt über die Gespräche zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und Russlands Staatschef Wladimir Putin. Viele von ihnen wollen am heutigen Samstag auf dem Odeonsplatz für Unterstützung für die Ukraine, für Demokratie und einen gerechten Frieden demonstrieren. Vier Ukrainer aus Oberbayern berichten, warum sie gerade sehr besorgt sind.

■ Daria Gold Onyshchenko

Manchmal fühlt es sich für Daria Gold Onyshchenko an, als würde sie in zwei Welten leben. Da ist auf der einen Seite ihr Leben in München, die Stadt, die in den vergangenen 17 Jahren zur Heimat geworden ist. Und auf der anderen Seite die Ukraine, die Angst um ihre Eltern, die in Kiew leben, um ihren Bruder, der an der Front Journalisten begleitet. Als Filmemacherin ist sie selbst oft in der Ukraine. „Die Leute sind erschöpft und müde“, sagt sie. „Der Krieg ist ein Schrecken, der jetzt schon drei Jahre dauert.“ Aber: „Der Kampfgeist ist noch immer da“, betont sie. „Wir kämpfen um unsere Unabhängigkeit, um unsere Freiheit, um unsere Kultur.“

Sie befürchtet jedoch, dass die Ukraine nicht alle von Russland besetzten Gebiete zurückbekommen wird. „Aber wir wollen nicht für immer rechtlich die Gebiete abgeben“, erklärt sie. „Und wir brauchen Sicherheitsgarantien wie einen Nato-Beitritt. Die Ukraine wäre ein starkes Mitglied.“ Ein Wunsch, den der US-Vizepräsident JD Vance kürzlich erst als unrealistisch abgewiesen hat. „Wir hoffen, dass die USA und Europa weiter auf der ukrainischen Seite stehen“, sagt Onyshchenko. Doch die Gespräche von Donald Trump mit Wladimir Putin haben sie enttäuscht. „Mit Terroristen verhandelt man nicht“, sagt sie. „Es geht nicht nur um die Ukraine, sondern um die Sicherheit von ganz Europa, um unser Wertesystem, um die Demokratie.“

■ Valentyna De Maar

Valentyna De Maar ist empört: „Es ist, wie wenn ein roter Teppich für Putin ausgerollt wird“, sagt die 47-Jährige aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Vor 24 Jahren ist sie aus der Ukraine nach Deutschland gekommen – und seit 2014 verfolgt sie den russischen Angriffskrieg mit großer Sorge. Auch sie ärgert das Telefonat von Donald Trump mit Wladimir Putin. „Es ist ein Signal an Putin und an alle Diktatoren auf der Welt“, sagt sie. „Das ist eine Botschaft gegen die Demokratie.“ De Maar hat viele Kontakte in die Ukraine, sie unterstützt Geflüchtete und organisiert Demonstrationen. „Gerade wird gefühlt versucht, über die Ukraine und über Europa hinweg zu entscheiden“, beklagt sie. „Das lassen wir nicht zu.“

Sie findet es zwar gut, wenn auf der Konferenz der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi mit dem US-Vizepräsidenten JD Vance spricht – große Hoffnungen auf eine Friedens-Lösung hat sie aber nicht. „Niemand ist mehr an Frieden interessiert, als die Ukraine“, betont sie. „Aber Besetzung ist kein Frieden. Wir wollen eine freie, demokratische und souveräne Ukraine – auch zum Schutz von Europa.“

Sie hofft dabei weiter auf die Unterstützung von Amerika. „Aber gerade hat es den Anschein, dass die Situation in den USA kippen könnte“, sagt sie. „Doch der Kampf für die Ukraine ist auch die Verteidigung der Demokratie. Dabei muss auch Deutschland eine Führungsrolle übernehmen.“ Dazu zählten unter anderem Waffenlieferungen, so Valentyna De Maar. Sie ist sich sicher: „Die Ukraine hat immer dafür gekämpft, dass ihre Identität bewahrt wird. Und wird weiter kämpfen.“

■ Yurii Kechur

Keine weitere Eskalation, Putin besänftigen, ein Waffenstillstand? Das funktioniert nicht, befürchtet Yurii Kechur. „Es ist unmöglich, Frieden zu schaffen, ohne im Krieg zu gewinnen“, sagt er. „Wenn der Krieg eingefroren wird, wird Russland die Zeit nutzen, um mehr Waffen zu produzieren, irgendwann wieder angreifen und versuchen, weitere Länder zu erobern.“ Der 25-Jährige ist für das Medizinstudium nach München gekommen und hat dort die Social-Media-Plattform „Mucraine“ gegründet. Das Ziel: In der politischen Diskussion den Münchner Ukrainern eine Stimme geben und über Kundgebungen zu informieren.

Große Erwartungen hat er nicht an die Sicherheitskonferenz. „Trump wird versuchen, die Ukraine zum Abgeben der besetzten Gebiete zu zwingen“, sagt er. Seine Sorge ist, dass die Hilfen immer weiter reduziert werden und die westlichen Länder sich wieder an Russland annähern. „Im ganzen Westen herrscht Angst“, sagt er. „Das ist ein Nährboden für Populisten.“ Das ukrainische Volk wolle keinen „billigen Frieden“, erklärt er. Sondern einen gerechten und nachhaltigen Frieden. Er wünscht sich das Ende aller Besetzungen, Entschädigungen, eine militärisch und wirtschaftlich starke Ukraine und einen Nato-Beitritt. „Russland muss Schuld anerkennen“, sagt er. „Wichtig ist, dass Putin und die ganze Welt verstehen, dass es fatale Konsequenzen für das eigene Land hat, wenn man versucht, ein anderes Land zu erobern.“

■ Anton Denysov

Anton Denysov ist mit seiner Frau im März 2022 von Charkiw nach München geflüchtet. Sein Bruder ist an der Front ums Leben gekommen. Seine Großmutter ist 87 und allein in der Ukraine geblieben. Seit fast drei Jahren betet der 37-Jährige dafür, dass es Frieden für sein Land geben wird.

Als er von Trumps Gespräch mit Putin erfuhr, war er noch besorgter. „Ich habe die Befürchtung, dass die beiden unter sich entscheiden, was mit der Ukraine passiert“, sagt er. Sollten sie einen Frieden aushandeln, wäre der nicht von langer Dauer, ist auch Denysov überzeugt. „Putin würde die Pause nutzen, um sich militärisch zu erholen und dann erneut angreifen.“ Für ihn ist klar: „Putins Ziel ist, dass die Ukraine von der Landkarte verschwindet.“ Die Münchner Sicherheitskonferenz will er genau verfolgen. „Meine große Hoffnung ist, dass sich die europäischen Staatschefs zusammentun und bei den Verhandlungen mitwirken. Das ist auch im Interesse Europas.“
CLAUDIA SCHURI

KATRIN WOITSCH

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