HINTERGRUND

Wo der Sonntag am spannendsten wird

von Redaktion

Ein Blick auf die 299 Wahlkreise: Auch für viele Polit-Promis wird es in ihrer Heimat knapp

München/Berlin – Das große Zittern beginnt in Wahlkreis 1. Dort in Flensburg, ganz oben auf der Deutschland-Karte, tritt ein Super-VIP an. Der grüne Kanzlerkandidat Robert Habeck kann sich nicht sicher sein, ob er den sonst eher schwarzen Wahlkreis holt. Letztes Mal siegte er mit 28:23.

Einer der wichtigsten Architekten der Ampel bangt in Wahlkreis 20, Hamburg-Eimsbüttel: Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt, enger Weggefährte von Olaf Scholz, tritt zum ersten Mal an. Ein Direktmandat ist keineswegs sicher, zuletzt ging der Wahlkreis hauchdünn an die Grünen. Schmidt steht zur Sicherheit auf Platz 1 der SPD-Landesliste.

Doppel-VIPs in Wahlkreis 61 bei Potsdam. Olaf Scholz (SPD) tritt unter anderem gegen seine Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) an. Beim letzten Mal gewann Scholz recht klar, diesmal könnte es enger werden. Angewiesen auf das Direktmandat sind weder Scholz noch Baerbock: Beide stehen auf Platz eins der Landeslisten ihrer Parteien.

Die Linke schaut neugierig auf Wahlkreis 83 in Berlin Treptow-Köpenick: Gregor Gysi holte in der Vergangenheit verlässlich seinen Wahlkreis. Die Linke steht zwar in Umfragen bundesweit aktuell klar über fünf Prozent, weiß aber: Notfalls genügen auch drei Direktmandate für den Einzug ins Parlament.

In Köln, Wahlkreis 94, duellieren sich zwei Fraktionsvorsitzende aus dem Bundestag: Rolf Mützenich (SPD) und Katharina Dröge (Grüne). Seit 2002 ist der Wahlkreis eigentlich fest in Mützenichs Hand, beim letzten Mal aber war der Vorsprung nur hauchdünn.

Der Promi in Wahlkreis 99, Rheinisch-Bergischer Kreis, gilt als chancenlos beim Direktmandat: FDP-Chef Christian Lindner landete 2021 sogar trotz 16,8 Prozent Erststimmen nur auf dem vierten Platz. Interessant ist, wer noch auf dem Wahlzettel steht: Für die Union kandidiert mit guten Chancen auf das Direktmandat zum ersten Mal Caroline Bosbach, die 35-jährige Tochter des langjährigen CDU-Bundespolitikers Wolfgang Bosbach.

Im Hochsauerland, Wahlkreis 146, war es 2021 beinahe knapp: Friedrich Merz gewann mit 40,4 Prozent vor dem SPD-Kandidaten Dirk Wiese (32,2 Prozent). Der Wahlkreis ist traditionell tiefschwarz, alles andere als ein Sieg des Unions-Kanzlerkandidaten wäre eine Überraschung.

Fast der ganze Osten ist blau in den Wahlkreis-Grafiken – nicht so Nummer 192 für das Weimarer Land II: Auch hier hofft die Linke auf ein Direktmandat. Mit Bodo Ramelow tritt der frühere Ministerpräsident an. Es deutet sich ein enges Rennen mit der AfD an. Trotz prominenter Kandidaten dürften SPD (Carsten Schneider) und Grüne (Katrin Göring-Eckardt) eher geringe Chancen haben.

Ganz Bayern schaut auf den Wahlkreis 229, Rottal-Inn: Der Chef der Freien Wähler, Hubert Aiwanger, tritt hier an. Es ist zwar nicht seine Heimat, aber zumindest die Nachbarschaft. Aiwanger will hier gegen einen CSU-Bürgermeister das Direktmandat holen. Klappt es dort sowie mit den Bewerbern Peter Dreier in Landshut und Indra Baier-Müller im Oberallgäu, geht Aiwangers Hoffnung auf den Bundestags-Einzug auf. Es wäre eine Sensation, allerdings sieht wenig danach aus. Mehrere Institute, die sich an Prognosen für Wahlkreise versuchen, sehen die CSU in allen drei Regionen „sicher“ vorne.

Wenn es knapp wird in Bayern, dann in den Städten. In München-Mitte dürfte Stephan Pilsinger (CSU) knapp vor Dieter Janecek (Grüne) liegen. In München-Süd kämpft die Siegerin von 2021, Jamila Schäfer (Grüne), um eine Wiederholung, Ausgang gegen Claudia Küng (CSU) ungewiss. Schäfer ist auf Listenplatz 1 bei ihrer Partei ungefährdet abgesichert.

Vielleicht schauen eh alle nur auf den Wahlkreis 7 in Pinneberg: Dort tritt für die SPD der kantige Ralf Stegner an. Das Spannende daran: Es ist der „Orakel“-Wahlkreis. Seit 1953 gilt, dass die Sieger-Partei in Pinneberg den nächsten Kanzler stellt. Die Tendenz der Institute übrigens: Ausgang „eher unsicher“.
T. MÜNCH/C. DEUTSCHLÄNDER

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