Wie Männer wirklich ticken

von Redaktion

Medizin-Professorin Marion Kiechle gibt Einblicke in Körper und Seele

Liebevoll versorgt von seiner Frau: Ein Mann liegt krank in seinem Bett. © Mauritius Images

Ein gutes Team: Marion Kiechle und ihr Mann, der Fernsehjournalist Marcel Reif. © privat

München – Die meisten Männer sind schlecht darin, sich um ihre eigene Gesundheit zu kümmern. Sie gehen seltener zum Arzt, vernachlässigen Vorsorgeuntersuchungen und ignorieren Warnsignale ihres Körpers. Immer noch sind es oft die Frauen, die ihre Männer, Väter, Brüder oder Freunde zur Vorsorge schicken. Dabei sind die Männer das schwache Geschlecht, wenn es um Lebenserwartung, Infektionsanfälligkeit oder schwere Verläufe von Krankheiten geht.

Kein Wunder also, dass ihre Lebenserwartung niedriger ist als die von Frauen. Weil die Münchner Bestsellerautorinnen Prof. Dr. Marion Kiechle und Julie Gorkow aus langjähriger und persönlicher Erfahrung wissen, dass die Gesundheit der Männer oft von deren Partnerinnen, Müttern, Schwestern und Freundinnen gemanagt wird, haben sie für ihre „Leidgenossinnen“ Anfang März das Buch „All About Men“ veröffentlicht.

Prof. Dr. Marion Kiechle, Direktorin der Frauenklinik am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (TUM), verrät exklusiv für unsere Leser, wie Männer wirklich ticken, und gibt tiefe Einblicke in Körper und Seele des Mannes – von Männerschnupfen und Depressionen über Bauchfett bis hin zu Midlife-Crisis und ihre Vorbehalte gegen Vorsorgeuntersuchungen.

Männer sterben früher – aber warum?

Männer leben im Durchschnitt fünf Jahre kürzer als Frauen. Ein Teil davon ist biologisch bedingt: Das männliche Hormon Testosteron fördert risikoreiches Verhalten, während das weibliche Östrogen schützend auf das Herz-Kreislauf-System wirkt. Aber der größere Faktor ist der Lebensstil. „Männer trinken mehr Alkohol, rauchen häufiger und gehen viel zu selten zur Vorsorge“, erklärt Prof. Dr. Marion Kiechle. Eine Studie zeigt, dass nur 40 Prozent der Männer regelmäßig zur Krebsvorsorge gehen – trotz hoher Risiken für Prostata- oder Darmkrebs.

Der Mythos vom „starken Geschlecht“

Viele Männer betrachten Krankheit als Schwäche und scheuen sich, Hilfe in Anspruch zu nehmen – besonders, wenn es um psychische Probleme geht. „Depressionen bei Männern werden oft nicht erkannt, weil sie sich anders äußern als bei Frauen“, so Kiechle. Statt Traurigkeit zeigen Männer eher Reizbarkeit oder Aggression. Das führt dazu, dass sie seltener behandelt werden, obwohl Suizidraten bei Männern deutlich höher sind als bei Frauen.

„Männerschnupfen“ hat Berechtigung

Lange wurde darüber gelacht, doch das Phänomen „Männerschnupfen“ gibt es tatsächlich. Männer haben ein schwächeres Immunsystem und reagieren stärker auf Infektionen. Studien zeigen, dass sie häufiger schwer an Grippe oder Covid-19 erkranken als Frauen. „Das liegt unter anderem daran, dass ihr Immunsystem weniger effizient arbeitet und Impfstoffe bei ihnen oft schlechter wirken“, erklärt Kiechle. Wer sich vor Infektionen schützen will, sollte daher regelmäßig Hände waschen, sich impfen lassen und auf eine gesunde Ernährung achten.

Männer essen ungesund

Männer essen anders als Frauen – oft ungesünder. Fleischlastige Ernährung, wenig Gemüse und übermäßiger Alkoholkonsum erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. „Eine Ernährungsumstellung fällt vielen Männern schwer, aber sie bringt enorme gesundheitliche Vorteile“, betont Kiechle. Wer weniger rotes Fleisch isst, mehr pflanzliche Proteine integriert und auf übermäßigen Zucker verzichtet, kann nicht nur sein Gewicht, sondern auch sein Wohlbefinden positiv beeinflussen.

Das gefährliche Bauchfett

Übergewicht ist ein Problem, das Männer oft unterschätzen. Besonders gefährlich ist das viszerale Bauchfett, das entzündungsfördernde Stoffe produziert und das Risiko für Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen drastisch erhöht. „Männer neigen dazu, Fett im Bauchraum zu speichern, während Frauen es eher an Hüften und Oberschenkeln anlagern. Das macht männliches Übergewicht viel gefährlicher“, warnt Kiechle. Eine Kombination aus Bewegung, gesunder Ernährung und regelmäßigen Check-ups kann helfen, das Risiko zu senken.

Vorsorge ist Männersache

Frauen nehmen doppelt so oft an Vorsorgeuntersuchungen teil wie Männer. Obwohl Männer gesundheitlich größere Risiken tragen, sind es oft die Frauen in ihrem Leben, die sie zum Arztbesuch drängen. Tatsächlich gehen viele Männer erst dann zur Vorsorge, wenn ihre Partnerinnen sie dazu überreden. Doch Prävention sollte keine Frauensache sein. „Wer regelmäßig Gesundheits-Check-ups macht, hat eine deutlich höhere Lebenserwartung“, betont Kiechle. Sie empfiehlt Männern ab 35 Jahren regelmäßige Blutdruck- und Blutzucker-Kontrollen, ab 45 Jahren die Prostata-Untersuchung und ab 50 Jahren eine Darmkrebsvorsorge.

Fazit: Männer sollten umdenken

Die gute Nachricht: Männer können ihre Lebenserwartung mit einfachen Maßnahmen verlängern. Gesunde Ernährung, Bewegung, Stressmanagement und regelmäßige Arztbesuche machen einen großen Unterschied. „Es geht nicht darum, perfekt zu sein, sondern bewusster mit der eigenen Gesundheit umzugehen“, sagt Kiechle. Vielleicht ist es also an der Zeit, dass mehr Männer ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen – und nicht erst, wenn die Frauen sie dazu drängen.
SUSANNE HÖPPNER

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