Friedenshoffnung für die Ukraine

von Redaktion

Daumen hoch: US-Außenminister Marco Rubio zeigt sich optimistisch bezüglich des verhandelten Ergebnisses. © Saul Loeb/AFP

■ Wie sehr ist Kiew Trump entgegengekommen?

Das größte Zugeständnis Kiews ist es, dass die gemeinsame amerikanisch-ukrainische Erklärung nicht auf die Rückgabe der russisch besetzten Gebiete in der Ostukraine eingeht. „Diese Abwesenheit ohne eine Erwähnung bedeutet eins: Kiew hat verstanden, dass es sich mit den territorialen Änderungen abfinden muss“, schreibt dazu die russische Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ging in seiner gestrigen Erklärung nicht auf den verdeckten Punkt ein, dass sein Land mit einem Einfrieren der gegenwärtigen Frontlinie von einer Wiedereroberung der besetzten Gebiete abrückt. Rubio hatte vor dem Treffen in Dschidda gesagt, die Rückeroberung sei ohnehin in absehbarer Zeit nicht möglich. Bereits am 5. März hatte Selenskyj eine Waffenruhe in der Luft und zur See vorgeschlagen, schon damals auch, um Trump nach dem Eklat im Weißen Haus wieder zu besänftigen. Der jetzt vorgeschlagene Waffenstillstand geht darüber hinaus, die Waffen sollen „umfassend“ ruhen. „Nun liegt es an den Vereinigten Staaten, Russland davon zu überzeugen, dasselbe zu tun. Wenn Russland zustimmt, wird die Waffenruhe sofort in Kraft treten“, schrieb Selenskyj auf X. „Der Ball liegt nun in ihrem Feld“, sagte US-Außenminister Marco Rubio in Richtung Kreml.

■ Wie reagiert Russlands Präsident Wladimir Putin?

Der Kreml spielt erst einmal auf Zeit. „Wir haben in den kommenden Tagen geplant, Kontakt mit den Amerikanern zu haben, wobei wir damit rechnen, alle Informationen zu erhalten“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Außenminister Sergej Lawrow ließ parallel dazu durchblicken, dass Moskau bei den Friedensverhandlungen bei seinen Maximalforderungen bleiben wolle. Er sehe nur wenig Raum für Kompromisse. Zuletzt hatte Russland stets erklärt, einer Waffenruhe nicht zustimmen zu wollen, da sie Kiew Zeit für eine Wiederbewaffnung geben würde.

■ Und was sagt US-Präsident Trump?

Trump sagte, hoffentlich werde auch Putin dem Vorschlag für eine Feuerpause zustimmen. „Wir wollen diesen Krieg hinter uns bringen.“ Die US-Delegation werde schon „heute und morgen“ Gespräche mit Russland führen. Er selbst wolle schnell mit Putin reden, vielleicht noch diese Woche.

■ Wie ist aktuell die militärische Situation?

Die russischen Streitkräfte konnten zuletzt vor allem in der von der Ukraine besetzten westrussischen Grenzregion Kursk Erfolge feiern. Im Zentrum der seit sieben Monaten von der Ukraine besetzten Kleinstadt Sudscha hissten russische Soldaten gestern die russische Flagge über der Stadtverwaltung. Sudscha ist die wichtigste Ortschaft, die die Ukrainer bei ihrem überraschenden Vorstoß auf russisches Gebiet im Sommer 2024 erobern konnten. Von den ursprünglich über 1200 Quadratkilometern, die die Ukraine erobern konnte, sind nach ukrainischen Schätzungen bereits über drei Viertel wieder in russischer Hand. Die Ukraine hatte Kursk stets als wichtiges Tauschpfand für Verhandlungen um russisch besetzte Gebiete im ukrainischen Donbass gesehen. Diese Verhandlungsmasse schmilzt nun dahin.

■ Wie steht es um Sicherheitsgarantien?

In der Vereinbarung von Dschidda ist zwar nicht von konkreten US-Garantien die Rede. Aber beide Seiten einigten sich darauf, dass die Verhandlungen der Ukraine „langfristig Sicherheit“ geben sollten. Die USA hätten sich dazu verpflichtet, dies mit Vertretern Russlands zu besprechen. Die Ukraine betonte zudem, dass ihre europäischen Partner in den Friedensprozess eingebunden werden sollen.

■ Wie reagieren die Europäer?

Kanzler Olaf Scholz (SPD) erklärte: „Nun liegt es an Putin.“ Die vorgeschlagene Waffenruhe sei „ein wichtiger und richtiger Schritt hin zu einem gerechten Frieden für die Ukraine“. Deutschland stehe „an der Seite der Ukraine und der USA“. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einer positiven Entwicklung, die ein Schritt hin zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine sein könne.

■ Stellt die EU eine Friedenstruppe?

In der Vereinbarung von Dschidda war davon zwar noch keine Rede. Aber bei Beratungen der Armeechefs von 36 Ländern gestern in Paris wurde über einen noch „vertraulichen Verteidigungsplan“ diskutiert. Der Plan sieht vor, dass mehrere tausend Soldaten – die britische Presse nannte eine Zahl von weniger als 30 000 – an Orten fernab der Frontlinie stationiert werden sollen, insbesondere in Städten wie Kiew, Odessa oder Lwiw. Außerdem gehe es um das Absichern einer Flugverbotszone sowie um eine Truppe zur Überwachung der Seegebiete.

■ Liefern die USA jetzt wieder Waffen?

Die Transporte, die auf Geheiß Trumps gestoppt wurden, sind bereits gestern wieder angelaufen. „Ich bestätige, dass die Waffenlieferungen über das Logistikzentrum Jasionka wieder ihr vorheriges Niveau erreicht haben“, sagte der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski. 95 Prozent der Waffen kommen über Polen.

■ Welche Druckmittel haben die USA?

Neben den neuen Waffenlieferungen an die Ukraine könnten auch neue Sanktionen Druck auf Moskau ausüben. Die erst jüngst verhängten Maßnahmen gegen Russlands Schattenflotte, die Moskau für seinen Rohstoffexport nutzt, zeigen Wirkung. Eine Verschärfung in dem Bereich wäre für die stark abbremsende russische Wirtschaft schmerzhaft.

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