Akkordarbeiter mit eigener Geschichte

von Redaktion

Der beliebte Quizmaster Hans Rosenthal während einer „Dalli Dalli“-Sendung im Juni 1978. © Istvan Bajzat/dpa

Berlin – Die Augen: braun, hellwach und wieselflink. Quasi immer auf dem Sprung. Sie unterschieden Hans Rosenthal von den vielen TV-Allzweckgesichtern, die alles und nichts wegmoderieren, ohne mit der Wimper zu zucken. Dabei war auch Rosenthal ein Medien-Akkordarbeiter – aber einer mit Haltung und eigener Geschichte.

Mit seinem Namen ist das von ihm erfundene „Quiz für Schnelldenker“ im ZDF verbunden: „Dalli Dalli“ war Titel der Sendung und Kommando zugleich. Wenn Rosenthal, oft mit gestrecktem Zeigefinger auf seine Kandidaten weisend, die magischen Worte aussprach, mutierten Prominente zu Wortakrobaten und Zirkusartisten. Vor der legendären Wabenkulisse kämpften vier Zweier-Teams bei Assoziations- und Geschicklichkeitsspielen um möglichst viele Punkte. Diese kamen, in einen Geldbetrag umgerechnet, hilfsbedürftigen Mitmenschen zugute.

Überraschende Ansichten offenbarte der junge Günther Jauch. Auf die Aufforderung „Nennen Sie uns mal die Vorzüge der Ehe!“ lautete eine der Antworten Jauchs: „Prügeln!“ Selbst Kirchenmänner gaben sich bei „Dalli Dalli“ die Ehre. In der Sendung vom 15. Februar 1973 bildeten der evangelische TV-Pfarrer Adolf Sommerauer und der damalige Fernsehbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Werner Brüning, ein Rateteam. „Ich finde es gut, dass Seelsorger auch mal mitmachen, denn sie sind ja Menschen wie du und ich“, so Quizmaster Rosenthal. Zum festen Ritual gehörte seit 1976 dessen Luftsprung für besonders gelungene Leistungen, angekündigt durch den Ausruf: „Sie sind der Meinung, das war Spitze!“

1980 erschien seine Autobiografie „Zwei Leben in Deutschland“. Darin schildert er die abenteuerliche und berührende Geschichte seiner Jugend als „jüdischer Mensch“ im Hitler-Deutschland. „Jude“ – das kam Rosenthal, der sich später im Zentralrat der Juden in Deutschland engagierte, nur schwer über die Lippen. „Durch die Nazis, durch ihre Hetzschriften, die Riesenlettern im ,Stürmer‘ ist mir dieses Wort auf immer verleidet worden.“ Mit viel Glück überlebte der junge Vollwaise den Holocaust. Seinen geliebten Bruder Gert konnte er nicht vor der Gestapo schützen. Es gehört zur Größe des nur 1,70 Meter kleinen Rosenthal, dass er trotz alledem keinen Hass gegen Deutschland hegte. Stattdessen nutzte er seine Talente, um seinen Mitbürgern zu zeigen, „dass jüdische Menschen sind wie alle anderen“.

Am 10. Februar 1987 starb der Moderator und Entertainer nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 61 Jahren. Beim Trauerzug zum Jüdischen Friedhof in Charlottenburg-Wilmersdorf war ganz Berlin auf den Beinen. Zuvor hatten Familie und Weggefährten im Studio 10 des Rias, Rosenthals Heimatsender, Abschied von dem beliebten Fernsehstar genommen.
JOACHIM HEINZ

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