Das Internet läuft auch ohne Google

von Redaktion

Das Internet ist stark von den USA geprägt. Aber es gibt inzwischen viele europäische Alternativen. © Picture Alliance

München – Wer Donald Trumps aggressiver Politik die Stirn bieten will, kann relativ einfach auf Alltagsprodukte aus den USA von Coca-Cola bis Levi’s Jeans verzichten – auch wenn die Verflechtungen zum eigenen Land in einer globalisierten Welt oft komplizierter sind, als man denkt (siehe Artikel unten). Schwieriger wird es beim Internet. Denn das Netz ist zu weiten Teilen „Born und Made in the USA“. Die Tech-Konzerne von Google bis zu Mark Zuckerbergs Meta verdienen Milliardensummen auch mit Nutzerdaten aus Europa. Auf diese Daten können US-Behörden zugreifen – selbst, wenn sie auf Servern in der Europäischen Union liegen. Dafür sorgt der „US Cloud Act“, den die Datenschutzorganisation Electronic Frontier Foundation als „Beschneidung der Grundrechte“ bezeichnet.

Immerhin: Wer sich nicht mehr damit wohlfühlt, mit Google zu suchen oder mit WhatsApp zu chatten, findet teils exzellente Alternativen aus Europa. Bei ihnen haben Privatsphäre und Transparenz vor allem dank der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) der EU in aller Regel ein höheres Gewicht als bei Anbietern aus den Vereinigten Staaten. Es gibt ein Internet auch ohne Google.

■ Google Suche – Qwant (Frankreich)

Qwant ist eine datenschutzfreundliche Suchmaschine, die keine Profile ihrer Nutzer erstellt. Das Qwant-eigene Motto: „Die Suchmaschine, die nichts über Sie weiß.“ Allerdings fallen die Ergebnisse oft nicht ganz so detailliert aus wie bei Google. qwant.com

■ WhatsApp – Threema (Schweiz)

Threema ist ein sicherer Messenger mit umfangreichen Funktionen, der nach dem Schweizer Datenschutzrecht operiert. Die einmaligen Kosten von 5,99 Euro lassen sich verkraften. Zentraler Nachteil ist die geringere Verbreitung unter den Nutzern im Vergleich zu WhatsApp. Wegen dieses „Netzwerkeffekts“ ist es eher schwer, Familie oder Freunde vom Umstieg zu überzeugen. threema.ch/de

■ Gmail – Tuta & ProtonMail (Deutschland, Schweiz)

Beide E-Mail-Dienste setzen auf strenge Datenschutzrichtlinien nach den Vorgaben der EU und der Schweiz. Durch die „Zero Access Storage“ können wirklich nur die Empfänger die Mails lesen. tuta.com, proton.me

■ Instagram – Pixelfed (Dezentral)

Pixelfed ist eine unabhängige Plattform zum Teilen von Fotos. Sie boomt in jüngster Zeit, kämpft aber ebenfalls mit dem Netzwerkeffekt und einer bisher überschaubaren Nutzerbasis. pixelfed.org

■ ChatGPT – Mistral und Flux (Frankreich, Deutschland)

Bei der Künstlichen Intelligenz gibt es immer mehr vielversprechende Alternativen aus der EU. Mistral AI aus Frankreich betreibt als Konkurrenz zu ChatGPT „Le Chat“. Und vom Start-up „Black Forest Labs“ aus Freiburg kommt mit Flux eines der weltweit besten Programme zum Erzeugen von KI-Bildern. mistral.ai, flux-ai.io

■ X – Mastodon (Deutschland)

Neben der US-Alternative Bluesky versucht auch Mastodon, frustrierte X-Nutzer (das frühere Twitter) für sich zu begeistern. Gegründet wurde der Kurznachrichtendienst vom Thüringer Eugen Rochko, mittlerweile sitzt die gemeinnützige gGmbH in Berlin. Der Datenschutz ist top, die immer noch zu komplizierte Technik weniger. joinmastodon.org

■ Zoom, Teams – Nextcloud Talk (Deutschland)

Das in Stuttgart initiierte Nextcloud bietet Videochats und Cloudspeicher. Auch hier ist der Start technisch aber schwieriger als bei den US-Riesen. Ein Angebot aus Frankreich für Videokonferenzen ist Jitsi Meet. nextcloud.de, meet.jit.si

■ Google Chrome – Vivaldi (Norwegen)

Eine Top-Alternative zu Googles datenhungrigem Chrome-Browser ist der Vivaldi aus Oslo. Der Browser bildet keine Nutzerprofile. Und wenn Daten gespeichert werden, dann stehen die Server auf Island, nicht in den USA. vivaldi.com

■ Microsoft Office – LibreOffice (Deutschland)

Es müssen nicht unbedingt Word, Excel oder Powerpoint sein. Die kostenlose Software der Berliner Stiftung „The Document Foundation“ ist weitgehend mit den US-Programmen kompatibel. libreoffice.de

■ Google Maps – OpenStreetMap (Welt)

Das multinationale Kartenprojekt erfasst keine Bewegungsprofile. Die Karten sind erstklassig. Allerdings werden Echtzeit-Verkehrsdaten nicht so aktuell angezeigt wie bei Google. openstreetmap.org

■ Google Übersetzer – DeepL (Deutschland)

Die exzellente Software aus Köln übersetzt druckreif 33 Sprachen und ist den oft fragwürdigen Ergebnissen des Google-Übersetzers weitaus überlegen. deepl.com

■ YouTube – PeerTube (Frankreich)

PeerTube ist eine dezentrale Video-Plattform – mit immer noch vergleichsweise wenigen Inhalten. Weil es bisher keine nennenswerte europäische Alternative zu den Kurzvideos von TikTok aus China gibt, kommt PeerTube auch hier ins Spiel. joinpeertube.org

Einige europäische Alternativen zu US-Diensten, beispielsweise DeepL oder Flux, funktionieren so gut, dass es kaum noch Gründe gibt, seine Daten frei Haus in die USA zu liefern. Andere erfordern immer noch viel guten Willen, auf lieb gewonnene Inhalte zu verzichten. Doch der Start ins europäische Internet lohnt sich. Der österreichische Datenschutzaktivist Max Schrems hält die Abhängigkeit Europas von US-Servern nicht umsonst für „extrem besorgniserregend“.

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