Warum Deserteure bleiben dürfen

von Redaktion

München – Der Ukraine mangelt es an Soldaten, zugleich halten sich allein in Deutschland rund 260 000 Männer im wehrfähigen Alter (18 bis 60 Jahre) auf. Der Widerspruch ist offenkundig, Kritik regt sich immer wieder. Auch wenn sich Kriegsdienstverweigerer und Deserteure nach ukrainischem Recht strafbar gemacht haben, müssen sie nicht fürchten, zurückgeschickt zu werden.

Juristisch ist die Sache relativ klar: Alle Ukrainer genießen durch die „Massenzustromrichtlinie“ einen EU-weiten Schutz, der zuletzt bis März 2026 verlängert wurde. Heißt: Sie haben ein Aufenthaltsrecht, ohne Asyl beantragen zu müssen. Zwar ruft die ukrainische Regierung Wehrfähige immer wieder dazu auf, ins Land zurückzukehren, die rechtliche Handhabe fehlt aber. Auch auf das europäische Auslieferungsübereinkommen kann sich Kiew nicht berufen, denn das greift bei Militärrechtsdelikten wie Fahnenflucht nicht.

Um den Druck zu erhöhen, stellen ukrainische Konsulate hierzulande keine neuen Papiere mehr für Männer im wehrfähigen Alter aus. Zur Verlängerung müssten sie also in die Ukraine reisen und würden dort sehr wahrscheinlich eingezogen. In der Praxis ist das aber nicht nötig, denn deutsche Behörden stellen den Ukrainern Ersatzpapiere aus.

Kritisch könnte es nur werden, wenn der EU-Schutz wegfiele und auch Fahnenflüchtige mit einem Schlag Asyl beantragen müssten. Dann würde im Einzelfall entschieden, wobei laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auch eine Rolle spielt, „welche Konsequenzen jeweils eine Verweigerung des Militärdienstes oder eine Desertion nach sich ziehen“. In vielen Fällen würden solche Anträge aber abgelehnt werden, denn Kriegsdienstverweigerung ist kein Asylgrund.
MMÄ

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