Vom Biohof ins Osternest

von Redaktion

Handarbeit: Anita Haut entfernt mit einem Edelstahlschwamm Federflaum und Schmutzreste. © Norbert Habschied

Ab in die Schachtel: Thomas Haut sortiert die Eier nach Größe in Sechser- und Zehnerpackungen. © Norbert Habschied

Viel Platz fürs Huhn: Thomas und Anita Haut in einem der Ställe. Auch ein Freilaufgehege gibt es. © Norbert Habschied

München – Beim Anblick der Hühner auf dem Hanslbauer-Hof bei Markt Indersdorf (Kreis Dachau) kommt einem der Schellack-Schlager der Comedian Harmonists in den Sinn. Wie sie da so entspannt im Halbschatten des kleinen Pappelwaldes scharren, picken und gackern, wünscht sich vielleicht mancher: Ich wollt, ich wär‘ ein Huhn.

Landwirt Thomas Haut ist stolz auf seine Federvieh-Herde mit 5500 Bio-Hühnern. Bei der Übernahme des Hofes von seinen Eltern hat er 2017 vom Milchbetrieb auf Bio-Eier umgestellt. „Ich hätte damals nicht konventionell weitergemacht“, sagt er. Ein Berater vom Anbauverband Bioland stand ihm bei der Umstellung zur Seite, heute beliefert er vor allem den Regionalvermarkter „Unser Land“ mit seinen Eiern.

Nicht nur an Ostern sind Eier Teil unseres Lebens. „Die Deutschen lieben ihr Frühstücksei“, sagt Daniela Krehl, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern. 2024 lag der Pro-Kopf-Verbrauch bei 244 Eiern – zehn mehr als im Vorjahr. „Proteine haben ein positives Image und Eier enthalten ein sehr vollwertiges Eiweiß, das der menschliche Körper 1:1 umbauen kann.“ Cholesterin spiele inzwischen eine geringere Rolle. Außerdem gebe es wenig vegane Alternativen. „Und das bunte Osterei ist durch nichts zu ersetzen.“

Nachhaltigkeit und Tierhaltung wichtiger

Auch beim Ei legen die Verbraucher immer größeren Wert auf Nachhaltigkeit und Tierhaltung. Bio-Eier gelten als gesündere Alternative zu den konventionellen Produkten und erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Besonders in Bayern. „Der Trend zu Höherwertigem hält an“, sagt Krehl. Die Skandale um die Käfighaltung haben ihr Übriges getan, um den Verbrauchern das Bio-Ei schmackhaft zu machen. Und noch eine Entwicklung hat die Lebensmittelexpertin ausgemacht: „In der Gourmetküche schwärmen gerade alle vom einmaligen Geschmack der Bio-Eier, die stundenlang bei Niedrigtemperatur gekocht wurden“.

Zum Jahresstart sind nach Angaben des Branchendienstes gefluegelnews.de die Eierpreise stark gestiegen. Aufgrund der Vogelgrippe kämpfen die USA mit großen Engpässen und explodierenden Preisen. Experten warnen, Eier könnten auch hierzulande knapp werden. Die gute Nachricht: Ein Osterfest ohne Eier wird es auch dieses Jahr nicht geben. „Aber es kann sein, dass nicht alles verfügbar sein wird, was Farbe und Herkunft anbelangt“, sagt Krehl.

Auch Landwirt Thomas Haut profitiert von der Gunst des Verbrauchers. Dem Bayerischen Landesamt für Statistik zufolge ist der Anteil an Bio-Eiern auf 19 Prozent gestiegen. Thomas Haut sieht da noch Luft nach oben. „Die Umstellung auf Bio geht nicht von allein“, ist seine Erfahrung, „das muss erst in die Köpfe der Menschen rein.“ Mit zwei modernen Ställen und einem großen Freilaufgehege hat er eine kostspielige Struktur aufgebaut. Die Legehennen kommen ab der 17. Woche auf den Hof, legen ab der 20. Woche und werden nach 15 Monaten ausgetauscht. „Ausstallen“ heißt das in der Fachsprache. Das Legehuhn wird zum Suppenhuhn. In dieser Zeit, die einige Wochen dauern kann, werden die Ställe penibel für die neue Herde gereinigt und desinfiziert. Das bedeutet: keine Eier, kein Verdienst.

Momentan werde es schwieriger, überhaupt Legehennen zu bekommen, sagt Haut, der den Hof mit seiner Frau Anita betreibt. „Bis Ende des Jahres sind alle Bio-Legehennen ausverkauft.“ Bekam man eine Legehenne vor ein paar Jahren noch für unter zehn Euro, koste sie heute 19 Euro. „Und durch die Bruderhahn-Regelung der EU, nach der auch die männlichen Küken aufgezogen werden müssen, wird alles künstlich verteuert“, klagt er. Um die Kosten im Griff zu behalten, hat er eine Photovoltaikanlage installiert. Und seine alte Eiersortiermaschine aus dem Jahr 1961 behandelt er wie ein rohes Ei. „Wir sparen uns damit den Vollautomaten.“

Beim Packen der Eierkartons helfen alle mit. Seine Frau Anita, die beiden Kinder, die Oma, die Aushilfskräfte. Das muss organisiert sein. Die Legehenne ist ein Wunder der Natur, legt sie doch fast jeden Tag ein Ei. In der „Legespitze“ bekommt Haut pro Tag von 100 Hennen im Durchschnitt 95 Eier – macht über die Herde hinweg gut 5200 Eier am Tag. Bis Mittag sind fast alle Eier gelegt. Dann kann sich die Henne den Rest des Tages erholen.

Ein Bio-Ei kostet im Schnitt 30 Cent mehr

Das Bio-Futter, unter anderem Weizen und Mais sowie Soja und Sonnenblumenkerne fürs Eiweiß, bezieht der Landwirt vom Rieder Asamhof bei Augsburg. Dort werden die Futtermittel regional und ökologisch angebaut. Bei den Legehennen setzt er auf die Rasse „Lohmannbraun“, die er aus Thüringen bezieht. Braune Hühner legen braune Eier. „Die braunen Hühner sind mir am liebsten, weil sie so geruhsam sind“, erzählt er lachend. Jede Herde, die er bekomme, habe ihre Eigenart. Manche seien eher schreckhaft, die anderen ganz zutraulich.

Die natürliche Dotterfarbe seiner Bio-Eier schaut eher gelblich aus. Nur im Sommer, wenn die Hühner Gras fressen, tendiert sie ins Orangefarbene. „Bei den normalen Eiern aus der Bodenhaltung wird Betakarotin ins Futter gegeben, deswegen sind die Dotter oft quietschorange“, erklärt Haut.

Mit den höheren Produktionskosten steigen die Preise. 30 Cent kostet ein Bio-Ei im Schnitt mehr als ein Ei aus Bodenhaltung. „Qualitätsbewusste Käufer sind bereit, dies zu zahlen“, sagt Margit Pesch, Prokuristin bei „Unser Land“. Der Regionalvermarkter wird von sechs Bio-Eier-Produzenten beliefert und bietet die Eier in 800 Verkaufsstellen rund um München und Augsburg an, darunter Supermärkte wie Edeka und Rewe, aber auch Hofläden, Bäckereien und Metzgereien.

Eine Abnahmegarantie gibt es für die Produzenten nicht. „Der Eiermarkt ist starken Schwankungen unterworfen“, erklärt Pesch. Nach einem Hype vor ein paar Jahren sei die Entwicklung momentan stabil: „Wir verkaufen gleich viel Bio-Eier wie Freilandeier. Eier aus Bodenhaltung sind deutlich abgefallen.“ Im vergangenen Jahr waren es allein bei „Unser Land“ vier Millionen Bio-Eier.

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