München – Der Münchner Nutzfahrzeug-Hersteller MAN setzt für die Zukunft in erster Linie auf batterieelektrische Fahrzeuge. Wir sprachen mit Entwicklungsvorstand Frederik Zohm über die Alternative: Batterien oder Wasserstoff?
Herr Zohm, lange galt Wasserstoff als Treibstoff für den Schwerlastverkehr der Zukunft. Nun kommen vermehrt Batterie-Trucks. Was hat sich da getan?
Wir beschäftigen uns seit Jahrzehnten mit Antriebskonzepten jenseits des Diesels. Spätestens mit dem Paris-Abkommen war klar, dass wir als Branche massiv zur CO2-Reduzierung beitragen müssen. Gleichzeitig gab es enorme Fortschritte in der Batterietechnologie. Sie steht für uns darum im Fokus: MAN hat sich bis 2030 zum Ziel gesetzt, dass bis zu 90 Prozent aller neuen Busse und 50 Prozent aller neuen MAN-Lkw über einen batterieelektrischen Antrieb verfügen.
Was ist der Vorteil der Batterie?
Die Effizienz. Bei 100 Prozent grüner Energie kann man mit Batterieantrieb 75 Prozent als Antriebsenergie nutzen, bei der Brennstoffzelle 25 Prozent. Ein weiterer Vorteil: Unsere Kunden haben die Möglichkeit, etwa über Photovoltaikanlagen ihren Strom selbst zu erzeugen und damit ihre Kosten zu reduzieren. Und: Ein MAN eTruck benötigt auf der Brenner-Strecke Innsbruck – Bozen – Innsbruck 390 Kilowattstunden, davon kann man 150 Kilowattstunden rekuperieren.
Wie lange hält die Batterie?
Die Nutzungsdauer liegt bei bis zu 1,6 Millionen Kilometern oder bis zu 13 Jahren. Sie hält also meist ein Lkw-Leben lang.
Wie steht es mit der Reichweite?
Mit Tagesreichweiten von bis zu 800 Kilometern werden die meisten Anwendungsfälle abgedeckt. Es gibt aber einzelne Anwendungen, wo es schwieriger zu laden ist. Etwa Milchsammler. Aber das ist ein spezifischer Branchenfall.
Woher soll die Energie kommen?
Heute machen wir das alles mit Diesel, 2030 wird der Strombedarf für den Straßengüterverkehr bei fünf Prozent des aktuellen deutschen Stromverbrauchs liegen. Die Stromerzeuger sehen darin einen Markt. Auch wir leisten unseren Beitrag und werden unsere Service-Standorte elektrifizieren. Für Kunden, aber auch als öffentliche Ladepunkte. Und Milence, ein Unternehmen, das unsere Mutter Traton mit Volvo und Daimler Trucks gegründet hat, wird bis 2027 in Europa 1700 High-Performance-Schnellladestellen für Nutzfahrzeuge errichten.
Was kann die Politik tun?
Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur will 350 Standorte entlang der Bundesautobahnen mit Schnellladepunkten ausrüsten. Dies ist ein erster wichtiger Schritt. Ladeinfrastruktur muss als „überragendes öffentliches Interesse“ verstanden werden, und Staat und Kommunen müssen mit der Umstellung ihres Fuhrparks auf E-Fahrzeuge als gutes Beispiel vorangehen.
Wir sprechen nicht über wenige 100 Kilowatt, die ein Pkw braucht. Bei Lkw sind es Megawatt. Ist das zu gewährleisten?
Es gibt Orte, wo bereits viel Energie zur Verfügung steht: Bahnhöfe, Hafengebiete, Flughäfen, Pumpspeicherwerke. Meist liegen die günstig zu Lkw-Routen. Auch Stadien wie die Allianz Arena, die viel Platz und Energie haben, aber an 330 Tagen im Jahr keine Verwendung. Dort werden wir mit dem FC Bayern einen Ladepark errichten. Man kommt immer wieder auf kreative Lösungen.
Es gibt Einsätze, für die Batterien ungeeignet sind. Was kommt da?
Ja, einige Bereiche eignen sich nicht. Etwa, wenn das Technische Hilfswerk in Flutgebiete einfahren muss. Dafür gibt es mehrere Möglichkeiten: Bei der Brennstoffzelle haben wir in den letzten Jahren nicht die Entwicklungsschritte gesehen, die wir uns gewünscht haben. Dafür bringen wir ergänzend zum eLkw eine Kleinserie des Wasserstoffverbrenners auf den Markt. Paraffinische Kraftstoffe wie etwa HVO können einen Beitrag leisten, die Emissionen auch der Bestandsflotten zu reduzieren.
Es kommt ja auch auf die Fahrer an. Wollen die elektrisch fahren?
Wir sehen, dass die Fahrer diese Fahrzeuge haben wollen: ohne Schaltunterbrechung, mit reichlich Drehmoment, vibrationsarm, geräuscharm.
Als sicher gilt ja wohl, dass Nutzfahrzeuge in den Städten batterieelektrisch fahren werden?
Ja. Man fragt sich nur, warum es so lange dauert. Da hätte man auch deutlich weniger Lärmemissionen und könnte beispielsweise die Anlieferung von Supermärkten in die Nacht verlegen. Das könnte dann die Stoßzeiten während des Berufsverkehrs entlasten.