Sonst hat die Demokratie keine Chance

von Redaktion

Uwe Brandl ist Chef des Städte- und Gemeindebundes. © dpa

München – Demokratie, das ist keine Selbstverständlichkeit mehr: Autokratische Tendenzen in vielen Ländern – darunter die USA – in Teilen extremistische Parteien gewinnen in ganz Europa an Stimmen. Was also tun? Es gibt Anzeichen dafür, dass die Lösung nicht bei „der“ großen Politik liegt – jedenfalls nicht allein. Sondern zuallererst vor der Haustür. Und dafür, dass der Lokaljournalismus zumindest ein Teil der Antwort auf die Probleme ist. Das hat auch der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindesbundes, Uwe Brandl (CSU), im Gespräch mit Ippen.Media unterstrichen.

Die These, dass das Problem im Lokalen liegt, ist nicht an den Haaren herbeigezogen. Eine aktuelle Greenpeace-Studie sieht Zusammenhänge zwischen schlechtem öffentlichem Nahverkehr und der Wahl extremer Parteien. Und Forschungen aus den USA und nun auch aus Deutschland haben gezeigt, was passiert, wenn im Lokaljournalismus „Nachrichtenwüsten“ entstehen: Die Zivilgesellschaft leidet.

Brandl als wichtiger Vertreter der Lokalpolitik in Deutschland sieht die Medien-Problematik – gerade in Zeiten der sozialen Medien. „Ich glaube, dass die Rolle der Medien eine ganz, ganz wichtige ist – die leider Gottes auch in dieser zunehmend digitalen Welt völlig unterschätzt wird“, sagte er.

TikTok, Instagram und Co. hätten zwar eine Daseinsberechtigung. Aber: „Die Komplexität politischer Entscheidungen kann man nicht über Schlagzeilen vermitteln.“ Nötig sei „Hintergrundinformation“. Gesellschaft und damit Politik seien schließlich „unglaublich komplex“. „Wenn sich ein Rädchen im System dreht, dann drehen sich 20 andere mit“, betonte Brandl im Interview. Diese Komplexität zu schildern, sei aus seiner Sicht „Aufgabe eines verantwortungsbewussten Journalismus“. Brandl und sein Bund der kleineren deutschen Städte und Gemeinden ergreift aber auch selbst Initiative.

„Wir werben in den Bürgermeisterseminaren explizit für regelmäßige Treffen mit den Journalisten vor Ort, um Hintergrundinformationen zu vermitteln“, erklärte er. Das sei zwar „auf der zeitlichen Ebene“ ein Problem, für Amtsträger wie für Journalisten. Aber der Austausch könne Verständnis wachsen lassen. „Dann erhöht sich die Chance auf eine Berichterstattung, die im Detail und in der Tiefe das vermittelt, was die Bevölkerung braucht, um sich ihr eigenes Meinungsbild zu verschaffen.“

Brandls Appell lautet: „Wir müssen den Bürgern offensiver und intensiver erklären, was vor Ort im Kommunalen eigentlich passiert.“ Die Information und das Wissen um Hintergründe von Entscheidungen sei essenziell, betonte der erfahrene Kommunalpolitiker. „Ich glaube, dass die Demokratie insgesamt ohne fundierte, umfassende, auch kritische Berichterstattung auf Dauer keine Chance hat.“ In diesem Sinne hat gerade die Lokalzeitung eine entscheidende Bedeutung.
FN

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