An der Grenze in Kiefersfelden: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (Mitte) mit Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und Daniela Ludwig. © Kneffel/dpa
Im Gespräch mit Daniela Ludwig: OVB-Reporterin Patricia Huber (von links), Stellvertretende Chefredakteurin und Chefreporterin Rosi Gantner, Chefredakteur Christoph Maier. © Raab
Erstes OVB-Interview im neuen Amt: Daniela Ludwig (CSU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, beim Redaktionsgespräch in der OVB MEDIA City. Nach dem Amtsantritt ging es „direkt los“, erzählt Ludwig. © Baumeister
Rosenheim – Bald einen Monat trägt sie nun schon ihren neuen Titel: Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium. Den hat die Rosenheimer CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig seit ihrer Ernennung am 7. Mai inne. Im exklusiven OVB-Redaktionsgespräch verrät sie, wie die ersten Tage abliefen, was beim Thema Migration zeitnah geplant ist und welchen Einfluss Bayern künftig in Berlin haben wird.
Ihr Start verlief aufgrund der ersten missglückten Kanzlerwahl etwas anders als ursprünglich geplant. Wie waren die ersten Wochen?
Ja, der Amtswechsel im Innenministerium fand ja einen Tag später statt als geplant. Dann ging es aber direkt los. Da hieß es nur „Beziehen Sie Ihre neuen Büros“ und dann hat der Minister schon hinterhergerufen, dass gleich eine Besprechung stattfindet. Eine Stunde später hat er schon vor der Presse die Grenzkontrollen und Zurückweisungen von Asylsuchenden verkündet. Der erste Tag hat letztlich bis Mitternacht gedauert.
Und dieses rasante Anfangstempo ist geblieben?
Ja, das ist geblieben. Das ging nahtlos weiter. Und wir haben eine ganze Reihe von Vorhaben, die wir noch vor der Sommerpause durchbringen wollen.
Die wären?
Die Grenzkontrollen haben wir ja schon. Dazu haben wir das Ziel, den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten auszusetzen, die Turboeinbürgerung zurückzunehmen und die Begrenzung der Migration wieder als Ziel ins Aufenthaltsgesetz aufzunehmen. Außerdem wollen wir den verpflichtenden Rechtsbeistand für Personen in Abschiebehaft und Ausreisegewahrsam abschaffen. Wir haben einiges vor und das Tempo ist hoch.
Wie groß ist bei dieser hohen Geschwindigkeit die Gefahr, dass etwas zu schnell geht? Ein Beispiel wären die Grenzkontrollen. Hier müssen die Polizisten nun deutlich längere Dienste leisten.
Diese Gefahr sehe ich ehrlich gesagt nicht. Wir werden auch von Fachleuten gut beraten. Als ich kürzlich an der Grenze in Kiefersfelden war, hat mir eine Polizistin erzählt, dass sie schon wussten, was auf sie zukommt, wenn es einen neuen Minister gibt. Die Ansage war klar. Uns ist aber bewusst, dass die Bundespolizei das jetzt nicht jahrelang durchhalten kann. Das ist auch nicht gewollt.
Sondern?
Gewollt ist der Prozess, der auch jetzt schon relativ schnell einsetzt. Dass sich eben auch die Nachbarländer entsprechend verhalten. Das gemeinsame europäische Asylsystem soll im Herbst kommen, und wir stehen dahinter. Wir wollen es aber noch weiter an die tatsächlichen Bedürfnisse anpassen. Dafür haben wir große Unterstützung aus Italien und Österreich. Und die Maßnahmen wirken auch präventiv. Der Druck lässt jetzt schon nach.
Die zurückgewiesenen Personen landen zunächst in unseren Nachbarländern. Wie ist die Resonanz von dort?
Alexander Dobrindt war ja schon bei Österreichs Innenminister. In der Sache waren sich die Minister einig. Es gab auch Gespräche von ihm mit der Kommission und der Bundeskanzler hat mit den Nachbarstaaten gesprochen. Am Ende des Tages war klar, dass es keinen anderen Weg gibt und der wird von der großen Mehrheit wirklich gut begleitet. Daher bin ich mir sicher, dass wir beim gemeinsamen europäischen Asylsystem gute Lösungen finden werden, weil alle letztlich das gleiche Interesse haben.
Die Zahl der Geflüchteten, die sich bereits im Land befinden, ist nach wie vor hoch. Kommunen sind überlastet, wissen nicht mehr, wo sie die Menschen unterbringen sollen. Was sind hierfür Lösungsansätze?
Wir wissen, dass es gerade in den Kommunen, bei der Unterbringung und der Integration Probleme gibt. Daher müssen wir jetzt reagieren und die Zahlen weiter reduzieren. Wir müssen aufhören, die Nation zu sein, die in Europa eine Mehrheit der ankommenden Flüchtlinge aufnimmt. Das wird auf Dauer nicht klappen. Daher ist der zweite Punkt, den wir nun angehen: die Beschränkung des Familiennachzuges zu subsidiär Schutzberechtigten.
Auch Ausweisungen werden immer wieder als Teil der Lösung genannt.
Ja. In Syrien zum Beispiel ist der Bürgerkrieg beendet. Nun müssen wir darüber entscheiden, wie wir mit den Geflüchteten umgehen – und das sind ja nicht wenige. Klar ist: Wir müssen bei den Abschiebungen grundsätzlich schneller werden. Das betrifft nicht nur Syrien. Allerdings liegt der Vollzug der Abschiebungen überwiegend bei den Ländern. Daher müssen wir als Bund die Länder weiter unterstützen, dass es dann auch de facto zu Abschiebungen kommt.
In den Kommunen herrscht dennoch weiter hoher Druck. Wie lange wird es dauern, bis diese Maßnahmen dort wirklich ankommen?
Da dürfen wir uns nichts vormachen. Das wird aufgrund der hohen Anzahl noch dauern.
Zum Thema Migration kam ja auch in der Vergangenheit immer wieder viel Input aus der CSU in Bayern. Nun ist Bayern auch in Berlin wieder stärker vertreten. Herr Merz hat ja auch ein Haus am Tegernsee. Wie stark ist der Einfluss aus der Region in Berlin?
Den spürt man schon. Da hat mir auch der ein oder andere bereits mitgeteilt, dass er einen Anruf aus einem bestimmten Ministerium bekommen hat, auf den er seit dreieinhalb Jahren wartet. Mit der Förderpolitik der Ampel waren wir nicht einverstanden. Manchmal konnte man fast den Eindruck gewinnen, dass Bayern benachteiligt wurde.
Ein gewisser Spirit vom Tegernsee ist also eingezogen?
Definitiv. Den bayerischen Vibe merkt man. Es ist wirklich dynamischer geworden.
Ihr Fazit nach den ersten Wochen: Wie macht sich Herr Merz?
Er macht sich gut. Er hat immer deutlich gemacht, dass Deutschland wieder viel in die Außenpolitik investieren muss. Also im Sinne von Zeit, Reisen und Gesprächen. Weil es einfach wichtig ist, dass Europa außenpolitisch wieder eine angemessene Rolle, auch im Verhältnis zu den USA, Russland und China, einnimmt. Er bringt da sehr viel Fingerspitzengefühl mit und trifft den richtigen Ton bei den Gesprächspartnern. Es ist ein klares Signal: Außenpolitik ist wichtig, weil in den vergangenen Jahren viel Porzellan zerschlagen wurde.